Die Nacht, als ich sie sah : Roman

Jancar, Drago, 2015
Bücherei Zams
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Medienart Buch
ISBN 978-3-85256-670-2
Verfasser Jancar, Drago Wikipedia
Beteiligte Personen Olof, Klaus Detlef [Übers.] Wikipedia
Beteiligte Personen Kocmut, Daniela [Übers.] Wikipedia
Systematik DR.E - Romane, erzählende Gegenwartsliteratur
Schlagworte Schicksal, Spannung, Geschichte 716 , Erzählende Literatur: Gegenwartsliteratur ab 1945, Weltkrieg, Belletristik, Slowenien, 2. Weltkrieg, Geschichte, Spannung, Ver, Slowenien, Verschleppung, Drago Jancar, Schloss Strmol, Hribar, Ksenija
Verlag FolioVerl.
Ort Wien
Jahr 2015
Umfang 188 S.
Altersbeschränkung keine
Reihe TransferBibliothek
Reihenvermerk 125
Sprache deutsch
Annotation Angaben aus der Verlagsmeldung



Die Nacht, als ich sie sah / von Drago Janar


Von der Gier zu leben und dem Verschwinden einer faszinierenden jungen Frau in Zeiten des Krieges. In einer Nacht, kurz nach Neujahr 1944, führt eine Gruppe von Tito-Partisanen Veronika Zarnik und ihren Mann Leo aus ihrem Schloss in Slowenien ab, von da an verlieren sich ihre Spuren. Aus den Erinnerungen von fünf Personen setzt sich das Bild einer schillernden jungen Frau zusammen: Pilotin, Liebhaberin von Papageien, Alligatoren und Pferden. Der Offizier, die Mutter, der deutsche Wehrmachtsarzt, die Haushaltshilfe, der Partisan berichten von einer unbändigen Lebensfreude, die jenseits des politischen Geschehens ein privates Idyll aufrechtzuerhalten sucht. Bis der Strom der Geschichte diese Illusion mit sich fortreißt.


Quelle: bn.bibliotheksnachrichten, Katharina Ferner
Das Porträt einer unbekümmerten Frau zu Kriegszeiten. (DR)

Bereits nach wenigen Sätzen des Romans von Drago Jancar befindet man sich mitten im Geschehen. Es herrscht ein hoffnungsloser Krieg und in diesem taucht plötzlich eine Erinnerung auf. Es ist ein kurzes Aufploppen einer verlorenen Liebe. "Die Nacht, als ich sie sah" ist ein Roman, dessen Ereignisse ähnlich einer Dokumentation aus fünf Perspektiven erzählt werden: von Stevo, Veronikas Geliebtem, ihrer Mutter, Joži, einem Dienstmädchen, einem deutschen Wehrmachtsarzt sowie von einem Partisanen. Der Kavallerist Stevo schildert seine unerwartete Liebschaft mit Veronika als seinen Lebensmittelpunkt. Er teilt mit ihr die Leidenschaft für Pferde, wenngleich er diese für den Krieg ausbildet und Veronika für Krieg kein Verständnis hat. Nur einmal lässt sie sich etwas über den Krieg erzählen und zwar von einem deutschen Militärarzt, der sich wie alle Erzählstimmen in einem Rückblick an Veronika erinnert.

Alle ErzählerInnen sprechen von der Vergangenheit, denn Veronika ist schon seit Jahren verschwunden. Es ranken sich die Gerüchte im Dorf, dass sie von Partisanen verschleppt worden sei. Ihre Mutter glaubt jedoch lieber daran, dass sie mit ihrem Mann im Nachkriegsberlin lebt. Die Romanfigur Veronika basiert auf Ksenija Hribar, deren Geschichte erst im Jahr 2015 Aufklärung fand.


Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen, Markus Fritz
Stellen Sie sich folgendes Bild vor: Eine junge Dame spaziert mit einem Alligator an der Leine durch die Straßen von Ljubljana. Wir befinden uns im Jahr 1937. Die junge Dame ist Veronika, verheiratet mit einem reichen Unternehmer. Sie leben auf einer Burg in Oberkrain. Der Ehemann hat gute Beziehungen zur deutschen Besatzungsmacht, aber er hilft auch den Partisanen. In einer Winternacht Anfang 1944 entführt ein Trupp Partisanen sie und ihren Mann aus ihrer Burg. Danach bleibt Veronika verschwunden. Nach dem Krieg glauben fünf Figuren - unabhängig voneinander - Veronika im Schlaf und in ihren Träumen zu sehen. Der erste ist Leutnant Stevo, ihr Reitlehrer. Seinetwegen hat sie ihren Mann verlassen. Er war eine intensive, aber kurze Liebesbeziehung. Die zweite Figur ist Veronikas Mutter, die vom Verschwinden erzählt. Die weiteren Erzähler sind: ein Wehrmachtsarzt, die Haushälterin auf der Burg und ein Partisan, der an der Verschleppung beteiligt war. In diesen unruhigen Zeiten, wo jeder jedem misstraut, braucht es nur ein kleines unbedeutendes Missverständnis und das Verhängnis nimmt seinen Lauf. Die fünf unterschiedlichen Perspektiven ergänzen und widersprechen sich.

Gekonnt zeichnet der Autor das faszinierende Porträt einer Frau und einer Zeit. Veronika liebt das Leben, die Künste, sie liebt Flugzeuge, Pferde und Alligatoren. Politik und Krieg verabscheut sie. Doch in diesen Zeiten kann sich niemand entziehen.


Quelle: Pool Feuilleton
Im Krieg werden alle Biographien gebrochen und nur durch unordentliches Durcheinander-Erinnern lassen sich die Verhältnisse rudimentär erzählen.

Drago Jancar erzählt anhand einer verschwundenen Frau ein Stück jugoslawischer Zeitgeschichte und deren Aufarbeitung in Slowenien. Etwas Verschwundenes kann eigentlich nur dadurch in Umrissen rekonstruiert werden, indem man die Einschau-Punkte neu vermisst und auf die Erinnerung hofft, mit der das Unsichtbare zu einem Bild zusammenfügt werden kann.

Die lebensfrohe, selbstbewusste und erotisch pragmatische Veronika versucht durch das Chaos der Kriegszeiten zu kommen, indem sie sich mit allen Machtvertretern gut stellt. Das Herumwickeln der Männer und Abwickeln der Beziehungen gelingt ihr bestens, alle Beteiligten stehen noch nach Jahrzehnten unter Beziehungsschock. Da ist Veronika schon längst von Partisanen entführt und zu Tode gekommen.

Fünf Personen erzählen hintennach jenen zeithistorischen Abschnitt, der sie mit der Heldin in Beziehung gebracht hat. Der heimische Kavallerie-Offizier muss ihr während der Kriegsvorbereitungen Reitunterricht geben und lernt noch eine Menge zur Reitkunst dazu, als er mit ihr durchbrennt und an die türkische Grenze versetzt wird. Der gehörnte Mann zieht einstweilen die Strippen und den Widersacher aus dem Verkehr. In einer späten Sequenz, als die Partisanen bereits die Kriegsgefangenen sortieren, kommt es zur "Nacht, als ich sie sah". Dabei ist sich der Ich-Erzähler nicht sicher, ob es sich um Veronika handelt, selbst als sie zu ihm spricht, hat das nichts mit Gewissheit zu tun.

Im nächsten Erinnerungskasten blättert die Mutter die Fotos durch und wartet, dass die Verschwundene wieder auftaucht.

Ein Wehrmachtsarzt, längst zu Hause in München, erinnert sich an seine Auftritte mit der Heldin, die sich mit ihrem Mann auf ein Schloss zurückgezogen hat. Während rundherum die Armeen kollabieren, regt sie sich über einen Frosch auf, der in der Schlosszufahrt überfahren wird. Als die Partisanen sie mit dem Deutschen sehen, konstruieren sie ein Verhältnis daraus und entführen sie.

Nachdem die Haushälterin erzählt hat, wie man Veronika von der Burg holt, berichtet ein Bauer mit Partisanenpension anlässlich eines Kollegenbegräbnisses von der Vorgangsweise der Partisanen gegenüber Kollaborateuren.

In all diesen Sichtweisen kommen Überlebensstrategien zum Vorschein. "Niemand schätzt Menschen, die nur leben wollen." (107) So lange jemand für eine Idee gekämpft hat, kann er hintennach darüber nachdenken, ob es richtig gewesen ist. Aber der pure Überlebensinstinkt führt ins Animalische, heißt es in der Aufarbeitung, denn es gibt fast nur Verlierer und Verschollene. Manchmal grenzt diese Art der Erinnerungskultur ans Skurrile, wenn etwa ein Offizier dem Delinquenten befiehlt, er soll sich endlich beruhigen, damit er ihn ordnungsgemäß hinrichten kann.

Drago Jancars Methode, die Zeitgeschichte mit kunstvoll positionierten Zeitzeugen zu hinterlegen, ergibt eine überraschend wahre Geschichte, voller individueller Einsichten, die dem Strom des Erinnerten etwas Persönliches geben. Bei Drago Jancar haben Einzelne die Chance auf Intimität in der Geschichte.

Helmuth Schönauer
Bemerkung Katalogisat importiert von: Deutsche Nationalbibliothek
Exemplare
Ex.nr. Standort
14146 DR.E, Jan

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