Aberland : Roman

Klemm, Gertraud, 2015
Bücherei Zams
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Medienart Buch
ISBN 978-3-85420-963-8
Verfasser Klemm, Gertraud Wikipedia
Systematik DR.E - Romane, erzählende Gegenwartsliteratur
Schlagworte Belletristische Darstellung, Fiktionale Darstellung, Tochter, Mutter, Erzählende Literatur, Generationsbeziehung
Verlag Literaturverl. Droschl
Ort Graz
Jahr 2015
Umfang 183 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Gertraud Klemm
Annotation Angaben aus der Verlagsmeldung



Aberland : Roman / von Gertraud Klemm


Bürgerliche Mütter, bürgerliche Töchter: ein bitterböses Porträt zweier Frauen-Generationen
Elisabeth, 58, versucht würdevoll zu altern. Ihr gutbürgerliches Leben ist am ehesten charakterisiert durch das, was sie alles nicht getan hat: sie hat nicht studiert und nicht gearbeitet, sie hat ihre Kinder nicht vernachlässigt und ihren Mann nicht mit dem Künstler Jakob betrogen, sie hat der Schwiegermutter nicht die Stirn geboten und stellt noch immer nicht den Anspruch, ins Grundbuch der Jugendstilvilla eingetragen zu werden. Mit Zynismus und verhaltener Selbstreflexion beobachtet sie das Altern der Frauen um sie herum.
Und sie beobachtet ihre Kinder, vor allem Franziska, 35, die zu Wutausbrüchen neigt, mit den Anforderungen der Gesellschaft an ihre Mutterrolle hadert und die theoretische Gleichberechtigung von Mann und Frau im Alltag nicht einlösen kann. Auch sie hat ihre Visionen nicht verfolgt, weder beruflich noch privat, und begnügt sich mit einem fast fertigen Studium und einem fast geliebten Mann. Es scheint, als habe sich dieser zahnlose Feminismus von einer Generation an die nächste vererbt.
Gertraud Klemm, die mit einem Kapitel aus diesem Roman den Publikumspreis in Klagenfurt gewann, schildert eine gesellschaftliche Situation, in der mit viel »ja aber« die wichtigen Entscheidungen verschoben und verhindert werden, und ihr Blick auf die Lage ist gnadenlos, bissig und (aus Verzweiflung?) wahninnig komisch.


Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen, Markus Fritz
Im Mittelpunkt des Romans stehen zwei Frauen: die Mutter Elisabeth, 58 Jahre alt und ihre Tochter Franziska, 35 Jahre alt.

Elisabeth versucht, in Würde zu altern. Sie betreibt Sport. Und sie denkt über ihr Leben nach: nicht so sehr über das, was sie getan und erreicht hat, sondern darüber, was sie nicht getan hat: sie hat nicht studiert und nicht gearbeitet, sie hat ihre Kinder nicht vernachlässigt und ihren Mann nicht mit dem Künstler Jakob betrogen, Und sie denkt mit Wehmut an ihre Freundin Judith, die gestorben ist und die ihr sehr fehlt und mit der sie über alles reden konnte. Elisabeth beobachtet ihre Tochter Franziska, die mit ihrem Leben überfordert ist und die ebenfalls ihre Träume nicht verwirklicht hat. Ob sie ihren Mann liebt, ist nicht klar, auf jeden Fall ist sie mit ihrem Sohn, der zu Schreiausbrüchen neigt, überfordert. Sie hat ihr Studium nicht abgeschlossen. Im Grunde hat sich für die neue Generation wenig geändert.

Der Titel "Aberland" bezieht sich auf die vielen "ja - aber", die das Leben der beiden Protagonistinnen prägen.

Der Roman beginnt mit einer beeindruckenden, witzigen und bitterbösen Szene, für die die Autorin in Klagenfurt beim Bachmann-Wettbewerb den Publikumspreis erhalten hat. Der Roman beginnt mit dem Muttertag. Franziskas Mann macht an diesem Tag den Haushalt aber nur an diesem Tag, danach geht ins zum Chinesen zum Muttertagsbuffet.

Klemm bringt die Wut ihrer Protagonistin sehr direkt und ungeschminkt zum Ausbruch. Ihr Text ist stellenweise eine Suada, ein Rede- und Wortschwall, der sich über mehrere Seiten erstreckt. Dies erfordert vom Leser ein gehöriges Maß an Konzentration und Durchhaltevermögen. Wer sich auf diesen Text einlässt wird aber reichlich belohnt. Klemm steht in der besten österreichischen Tradition feministischer Autorinnen wie Streeruwitz und Jelinek.


Quelle: Literatur und Kritik, Marina Rauchenbacher
MutterUnGlück

Gertraud Klemms Roman "Aberland"

Ein wenig gewollt poetisierend mutet der Titel von Gertraud Klemms neuem Roman an: Aber-land. Zum Glück entspricht der Text dem nicht, sondern führt in aller Härte etwas vor, das auch im 21. Jahrhundert gerne ignoriert und nur ungern diskutiert wird: das ganze Unglück, das an der Mutterrolle hängt.

Als Klemm 2014 beim Klagenfurter Bachmannwettbewerb einen Auszug aus ihrem Roman vortrug - sie gewann dafür den Publikumspreis -, übten sich zwei der Jurymitglieder in harter Kritik. Da war die Rede von "Frauenzeitschrifts-Aufschrei-Befreiungsprosa" (Burkhard Spinnen) und Juri Steiner klagte gar über "so eine Frauengeschichte, wo die Männer … sich bespucken lassen dür-fen und Autofahren und der Rest ist einfach nur peinlich". Klemms Demontage des Mutterglück-Topos stieß also auf Widerstand: Das Ideal "der Frau", die glücklich in ihrer Mutterrolle aufgeht, ist mächtig. Kritik daran mag zwar salonfähig sein, aber allenfalls in begrenztem Umfang, den Aberland deutlich sprengt. Der Roman schmerzt denn auch - und dies ist freilich sein Kalkül. Er schmerzt, weil er schonungslos den Alltag zweier Frauen (Mütter) und dabei bürgerliche Famili-enverhältnisse ebenso wie Mechanismen heterosexueller Beziehungen vorführt.

Da ist zuerst Franziska, die nach der Geburt ihres Sohnes Manuel zusehends erkennt, dass sie just die Mutter- und Hausfrauenrolle eingenommen hat, die sie nie haben wollte: Der Ehemann und Kindsvater (Tom) ist bequem und mit der eigenen Karriere beschäftigt, wünscht sich trotz-dem ein zweites Kind ("zwei ist die einzige unverdächtige Kinderzahl"), die Dissertation ist un-fertig, die Karriere aufgegeben, die Schwiegermutter schweißtreibend, das Vorstadtleben läh-mend, die Affäre enttäuschend. Während sie immerhin entsprechend über ihre Lage reflektieren und auch in die Zukunft blicken kann, erinnert sich ihre Mutter, Elisabeth, nur mehr an ein unbe-friedigendes Leben: Der Ehemann ging notorisch fremd und war immer zu sehr mit seiner Karrie-re beschäftigt, die sexuellen Begierden sind ungelebt, die beste (und begehrte) Freundin verstor-ben, die Kinder distanziert, die demente Schwiegermutter belastend, der Körper alt, das Leben fad. In 15 Kapiteln kontrastiert der Roman diese beiden Leben kunstvoll. Die verhandelte Enge des gesellschaftlichen Korsetts ist dabei schon in der Form selbst angelegt, wenn am Anfang je-des Kapitels eine Einladung steht. So ist denn auch der Alltag an gesellschaftlichen Verpflichtun-gen und Ritualen ausgerichtet: Es wird getauft, geheiratet und begraben, pensioniert, gebastelt und geschminkt, Geburtstags- und Weihnachtsfeiern folgen auf Pensionierungs-Gartenfeste und Babypartys. Bezeichnenderweise ist die erste Einladung eine zu einer Muttertagsfeier - "weil sich die Mutterschaft mit ihrem behäbigen Arsch auf Franziskas Zeitmanagement niedergelassen hat".

Dieses so offensichtliche Abtasten klischeebehafteter Konstellationen und altbekannter Alltags-dramatik bliebe schlicht langweilig und wohl auch peinlich, würde der Text nicht mit frappantem Durchhaltevermögen da­rauf bestehen und der Mischung aus Wut (Franziska) und Lethargie (Eli-sabeth) mit "Schelmenhaftigkeit" (Hildegard Elisabeth Keller) entgegentreten. Der - mittlerweile opportunen - Rede von der "Gleichberechtigung der Geschlechter" hält Aberland so einen er-nüchternden Lokalaugenschein entgegen. Dabei fungieren Franziska und Elisabeth auch nur als Beispiele, an denen der Einsatz des weiblichen Körpers zur Reproduktion und zum Familienerhalt vorgeführt wird. Deswegen werfen sie auch immer wieder den Blick - quasi aus einer Außenper-spektive - auf ihre Körper: "lachhaft, es ist schon lange nicht mehr ihr Körper, es ist jedermanns Luststätte, Labstelle, Raststätte, Brutraum" (Franziska), heißt es etwa.

Aberland - so Klemm in einem taz-Interview vom Jänner 2015 - sei "eine Metapher für diese ständige Beschneidung der Möglichkeiten. Immer müssen die Frauen ›aber‹ sagen. Das ist eine Form, in die man hineingeboren wird." Das klingt in dieser Verallgemeinerung - wer sind "die Frauen 2000 "? - gefährlich nach so etwas wie "Schicksal" oder "Bestimmung". (Man mag den Roman auch so lesen, was freilich wenig produktiv wäre.) Franziska und Elisabeth jedoch können auch - oder vielmehr noch - als zutiefst tragische Figuren verstanden werden, an denen eben deswegen auch die Mechanismen eines perfiden Gesellschaftssystems vorgeführt werden können: "Schon das Kindergartenkind hat ein Gespür für die Heilsversprechen konservativer Familienpolitik". Deswegen verstricken sie sich in haarsträubenden und widersprüchlichen Entscheidungen (Affäre mit einem Chauvinisten, zweites Kind…), erkennen dies auch, tun aber nichts. Die Notwendigkeit der Reproduktion ist groß, die erlernte Passivität erdrückend. Der Roman erinnert in dieser Kons-tellation an Elfriede Jelineks Liebhaberinnen und kippt zuweilen auch in einen auffallend Je-linek'schen Ton. Weil jedoch die erzählerische Reflexionskompetenz in die Figuren selbst gelegt ist, wird der Widerstreit zwischen dem (inneren und äußeren) Zwang der Rollen-Entsprechung und der Sehnsucht nach persönlichem Glück auf den Punkt - und damit auf das große "Aber" gebracht.


Quelle: Pool Feuilleton
Je bürgerlicher und biedermeierlicher die Regeln sind, umso lautloser fällt das Aufbegehren gegen die Konvention aus. Der Widerstand spielt sich nur im Hinterkopf im Aberland ab, wo ab und zu zynische Formulierungen entstehen.

In Gertraud Klemms Roman "Aberland" versuchen Mutter und Tochter in ihren Jahrgangskapseln eingeschlossen mit dem Gesellschaftsstrom mit zu schwimmen, ohne anzuecken und das eigene Wohlbefinden zu gefährden. Heldinnen dieses Abwehrkampfes in einem trivialen Leben sind Elisabeth, 58, aus ihrer Sicht wird in den geraden Kapiteln erzählt, und ihre Tochter Franziska, 35, ihr gehören die ungeraden Auftritte.

Jede Sequenz wird mit einer verschriftlichten Einladung zu einem Familienereignis eingeleitet. Muttertag, Pensionierung, Taufe, Verabschiedung, Baby-Baden und Kosmetik-Überraschung treiben die beiden regelmäßig außer Haus, wenn sie nicht gar bei der Familienfeier selbst Hand anlegen müssen.

Elisabeth schaut sich selbst und ihrem Körper beim Altern zu, ihr Mann altert deutlich aufwändiger und die demente Schwiegermutter zeigt, was noch alles bevorstehen wird. Das Leben ist zwar nicht so gelaufen wie geplant, aber es ist nicht langweilig, und die Alternativen kann man im Zweifelsfall ja auch verbal entwickeln und im Stadium der Imagination belassen.

Franziska ist auf dem Weg zum beschaulichen Mutterleben. Sie selbst hat das Studium aufs ewige Eis gelegt und versucht den Wunsch des Mannes nach einem zweiten Kind abzublocken. Das erste Kind ist anstrengend genug, zumal sich in der modernen Gesellschaft alles ums Kind zu drehen hat.

Den heftigsten Kontakt zwischen den Heldinnen stellt der Künstler Jakob her, der zu beiden ein kunstvolles Trivial Verhältnis pflegt. Während die Mutter nach der Pensionsfeier ihres Mannes den Künstler ausprobiert, es aber bei bloßem Probe-liegen belässt, versucht die Tochter am Künstler herumzuzupfen und ihn zum Sex zu bewegen. Aber der Künstler ist einfach zu alt für echten Sex und Franziska macht es nichts aus, wenn nichts mehr ist, immerhin hat sie es ja probiert.

Eingebettet sind diese Kapitel in eine Konsumwelt voller Lügen, Cremen und Lotions, alles dreht sich um einen kleinen Event, um den regional authentische oder internationale Fressereien aufgetürmt werden. Und die Gespräche sind stets lauernd, voller Häme und Angst, dass man im Biedermeier vielleicht doch den wichtigen Tageshappen verpassen könnte.

Die Kommentare der Heldinnen laufen dementsprechend sarkastisch ab, schonungslos ziehen sie über das aufgeregte Getue rundum her, und sie halten sich für die einzigen Ruhepole, weil sie diesen Zirkus zumindest für sich selbst beschreiben können.

Gertraud Klemm zeigt eine abgehangene Biedermeierwelt, in der die Figuren nur mehr darauf aus sind, durch Körperpflege größeren Schaden von sich selbst abzuwenden.

Helmuth Schönauer


Literaturhaus Wien:

"Ein Zuhause, in dem es nichts gibt außer dir selbst. Sie ist schwer, diese Leichtigkeit. Sie ist erdrückend, diese Leere." Diesen Satz aus Margaret Atwoods Erzählungen "Das Zelt" stellt Gertraud Klemm ihrem neuen Roman "Aberland" voran. Es ist eine Geschichte über die unerträgliche Leichtigkeit des Frau- und Mutter-Seins. Abwechselnd erzählt wird aus der Sicht der 58jährigen Elisabeth und ihrer Tochter Franziska. Die Biologin ist Mitte dreißig und Mutter eines Sohnes im Kindergartenalter. Während Elisabeth in ihrer früheren Rolle als Ehefrau, Hausfrau und Mutter auf den ersten Blick vollständig aufgegangen zu sein schien, hadert Franziska von Beginn an mit ihrer Entscheidung für die Familie und gegen ihren Beruf. Gefangen im "Muttiversum", fühlt sie sich von ihrem Mann allein gelassen: mit Bergen von Wäsche, dem Einkauf, Kochen, Basteln und Backen für Kindergeburtstage und Sommerfeste im Kindergarten. Für den Abschluss ihrer Dissertation über Zebrafische fehlt ihr nicht nur die Zeit, sondern auch jede Energie.

Yogaübungen im Keller und kleinstädtische Kulturbesuche mit ihrer kinderlosen Freundin Beatrice sind winzige Freiheitsinseln im ansonsten völlig fremdbestimmten Hausfrauen- und Mutter-Alltag. Eine kurze Affäre mit dem fünfundsechzigjährigen Künstler Jakob bleibt Franziskas gewagtester Ausbruchsversuch aus der Enge des gesellschaftlich verordneten gutbürgerlichen Familienglücks in der Vorstadtsiedlung. Ansonsten entspricht sie den Erwartungen. Den Erwartungen der anderen. Auf der Weihnachtsfeier ihres frisch beförderten Mannes spielt sie die stolze Ehefrau, beim Kindergartenfest die glückliche Mama und Ostern bei Toms Familie in Tirol die brave Schwiegertochter. Für die steht das längst fällige zweite Kind auf dem Plan. Halbherzig lässt sie sich darauf ein und wird erneut schwanger. Franziska schwankt zwischen Trauer und Erleichterung, als sie die Schwangerschaft abbrechen muss, da ihre ungeborene Tochter wegen eines Gendefekts nicht überlebensfähig ist. Doch nur so bleibt ihr genug Luft für ihre Dissertation. Denn eins will Franziska auf keinen Fall: So werden wir ihre Mutter Elisabeth. Ihre Mutter war nie berufstätig. Seit die Kinder aus dem Haus sind, langweilt sie sich mit Ehemann Kurt in ihrer noblen Villa in den Lebensabend hinein.
Mit im Haus lebt die demente Schwiegermutter mit ständig wechselnden Pflegekräften. Todesengel nennt sie Elisabeth. Aus der dumpfen Einsamkeit und lähmenden Perspektivlosigkeit flieht Elisabeth, so oft sie kann, zum Joggen oder Bräunen ins Freibad, noch lieber zur Schönheitsbehandlung ins Kosmetikstudio. Anti-Aging ist ihr einziger Lebensinhalt. Die Frage ist nur, für wen? Mit dem frisch ausgemusterten Pensionisten zu Hause hat sie nur Mitleid: Wie wird es Kurt ohne seinen Beruf und seine dauernden Affären zu Hause wohl aushalten? Der wütet mit Gift gegen Gartenschädlinge und Buchsbaumzünsler, als könne er damit das eigene Altern und Sterben ausmerzen.
Auch Elisabeth sucht vergeblich emotionale Zuwendung beim Künstler Jakob. Doch für sie gibt es nur einen einzigen wirklichen Lebensmenschen: ihre Freundin Edith. Aber Edith ist schon seit Jahren tot. Die Sehnsucht nach ihr ist geblieben. Vielleicht träumt sie deshalb von einer Liebesbeziehung zu Gustav, dem Ehemann der Verstorbenen. Wie alle anderen Träume bleibt auch dieser unerfüllt.

Elisabeth und Franziska teilen nicht nur ohne Wissen den gleichen Liebhaber. Mutter und Tochter fallen auch in das gleiche Rollenschema. Dazu scheinen Frauen biologisch prädestiniert und gesellschaftlich verdammt zu sein. In die gutbürgerliche Enge getrieben, führen sie ein Leben wie unter Glas: die klassische Hausfrau Elisabeth genauso wie die vermeintlich emanzipierte Töchtergeneration Franziskas, die ihre eigene berufliche Karriere scheinbar "freiwillig" der Familie opfert. Gefangen, wie die mit Wittgenstein berühmt gewordene Fliege im Fliegenglas, suchen sie vergeblich einen Ausweg aus der Frau b28 en-und-Mütter-Falle, die auch eine Sprach- und Denk-Falle ist. Jedes "Ja, aber …" steht für das kollektive weibliche Traumverbot. Im "Aberland", der Parallelwelt der Frauen und Mütter, werden Bedürfnisse und Wünsche eingeschränkt, noch bevor sie ausgesprochen sind.

In ihrem Roman "Aberland" macht Gertraud Klemm diesen Mechanismus weiblicher Selbstzensur aus der beklemmend gefühlsecht beschriebenen Innensicht der beiden Frauen heraus sichtbar. "Aberland" ist eine oft bitterböse Sprach- und Denkanalyse weiblicher Selbsttäuschung und ein feministischer Appell. Denn um der Fliege den Ausweg aus der Fliegenfalle zu zeigen, muss diese sie allererst wahrnehmen. Sicher gibt es objektiv existenziellere Nöte als die der finanziell und sozial gut abgesicherten Frauen Elisabeth und Franziska. Subjektiv kann ein Leid aber nie gegen ein anderes aufgewogen werden. Und das von Elisabeth und Franziska betrifft, objektiv gesehen, in unterschiedlichster Ausprägung alle Frauen. Wenn auch nicht immer auf so privilegiertem Niveau.

Michaela Schmitz
06.02.2015
Bemerkung Katalogisat importiert von: Deutsche Nationalbibliothek
Exemplare
Ex.nr. Standort
15147 DR.E, Kle

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