Brüchige Ufer : Roman

Flöss, Helene, 2005
Bücherei Zams
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Medienart Buch
ISBN 978-3-85218-486-9
Verfasser Flöss, Helene Wikipedia
Systematik DR.E - Romane, erzählende Gegenwartsliteratur
Verlag Haymon
Ort Innsbruck
Jahr 2005
Umfang 255 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Helene Flöss
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Cornelia Gstöttinger;
Die Lebenslinien einer burgenländischen Familie vor dem Hintergrund des 20. Jahrhunderts. (DR)

Helene Flöss ist dafür bekannt, sehr sorgfältig für ihre Romane zu recherchieren. Für "Brüchige Ufer" hat sich die gebürtige Südtirolerin eingehend mit der Geschichte ihrer neuen Wahlheimat, dem Burgenland, auseinandergesetzt: Wir lesen von der Kindheit und vom Erwachsenwerden des nunmehr pensionierten Gyula und dem Schicksal seiner Vorfahren. Die Genealogie nimmt ihren Beginn bei Gyulas Großvater, der Anfang des 20. Jahrhunderts nach Amerika auswanderte, um dort als Fabrikarbeiter zu Geld zu kommen. Wieder zuhause, diente er als Soldat im Ersten Weltkrieg und musste nach Kriegsende feststellen, dass sein Heimatdorf nicht mehr auf ungarischem Boden lag, sondern an das Burgenland gefallen war. Das führte dazu, dass man nicht mehr recht wusste, wo man sich nun zugehörig fühlen sollte.
Ähnlich bewegte und bewegende Lebensläufe verwebt Flöss hier zu einem lesenswerten Generationenroman. In knappem Stil entwirft die Autorin ein anschauliches Panorama des vergangenen Jahrhunderts: Sie macht deutlich, wie sich große gesellschaftliche Umbrüche im Leben der Bevölkerung widerspiegeln, wie der Erste und Zweite Weltkrieg ihre Spuren hinterlassen, Armut, Ausbeutung der Arbeiter, Kinderarbeit, Antisemitismus, Hunger und Elend der Nachkriegsjahre den Alltag der einfachen Leute bestimmen, ihn (ver)formen.
Das Buch besticht vor allem durch die mit viel Sorgfalt und Feingefühl gezeichneten Seelenbilder, die zahlreich eingeflochtenen Dialektwörter - ihre Bedeutung wird im Glossar erklärt - machen den Text stimmig und authentisch. Mit ihrem empfehlenswerten Roman "Schnittbögen" (2000), der sich einem Kapitel der Geschichte Südtirols annimmt, hat sich Helene Flöss die Latte hoch gelegt. Die Leichtigkeit und erzählerische Brillanz, mit der dort Erzählstränge ineinander übergehen, vermisst man hier leider. "Schnittbögen" bleibt mein Favorit, nichtsdestotrotz ist diese weitverflochtene Familiengeschichte eine Anschaffung wert!

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Quelle: Forschungsinstitut Brenner-Archiv (http://www2.uibk.ac.at/brenner-archiv/);
Autor: Günter Vallaster;
Von den Enden, sozusagen den Ufern des Lebens her erzählt der Roman die Geschichte einer burgenländischen Familie, beginnend mit dem Begräbnis von Irma Regner und endend mit dem Suizid ihres Sohnes Gyula. Dazwischen gestalten sich aus Erinnerungen, vor allem Kindheitserinnerungen der Familienmitglieder Porträts, die über drei Generationen reichen und es sind nicht die Reichen, Schönen und Mächtigen, die hier thematisiert werden, sondern Leute von nebenan, in bescheidenen Verhältnissen, auf dem Land, fast einem Niemandsland im Grenzgebiet zwischen Österreich und Ungarn. Der Weg zu ein bisschen Wohlstand verläuft mühsam über die Generationen, die Prägung durch das karge bäuerliche Leben und die industrielle Ausbeutung, durch Krieg und Faschismus hinterlässt bei den Protagonisten tiefe Spuren, macht sie beziehungs- und letzten Endes lebensunfähig.
So etwa Michael Regner, Gyulas Großvater väterlicherseits, der wie viele aus dem Burgenland und aus Ungarn das Glück in einer amerikanischen Fabrik sucht und das sogar zweimal und mit einer Kiste voll Werkzeug zurückkehrt. Mathias Regner, sein Vater, Eich- und Vermessungsbeamter, auch Soldat im zweiten Weltkrieg, er prügelt seine Frau und stirbt 1972 an Lungenkrebs. Irma, zur Kinderarbeit gezwungen, später Haushälterin in Wien und Frau von Mathias. Die Nazis widern sie an. Sie überlebt ihren Mann um 30 Jahre. Rosa, Irmas Schwester, zur Zeit des Faschismus Sekretärin eines Gauleiters, die im Zusammenhang mit dem NS-Regime bis an ihr Lebensende von "Zusammenbruch", nicht von "Befreiung" spricht. Fernec, Gyulas halbtauber bildnerisch begabter Bruder, der es auch im Roman nur zu einer Nebenfigur bringt. Karin, die erste Frau von Mathias Regner, die sich nach zahllosen einsamen Abenden mit Weinglas und Fernseher von ihm scheiden lässt. Alena, seine zweite Frau, die im Roman vor allem als Begleiterin der Besuche im Altersheim auftritt, in dem seine Mutter auf den Tod wartet. Gyula, der durch die häufigen Ortswechsel der Familie schulische Probleme bekommt, sich damit abfindet, am Gymnasium von einem Lehrer, Professor Jikal, gefördert wird, der ihm sogar das Autofahren beibringt und ihn über den Lehrplan hinaus in die Welt der Literatur einführt, was aus Gyula fast einen Schriftsteller macht. In vielen Romanen wäre er auch Autor geworden, in "Brüchige Ufer" studiert der "schwermütige Zweifler" (S. 200), der Gyula schon als Schüler ist und der von seinem Vater schon mal grün und blau geprügelt wird, weil er den Geigenunterricht verweigert, später bis zum Doktorat und er erlangt eine gesicherte berufliche Position, begleitet von zahlreichen Ehekrisen.
Wie alte Portraitfotos rufen sich die Personen in Erinnerung, wobei der Vorhang oder die Leinwand als Hintergrund gelüftet ist. Dadurch tritt viel Zeit- und Alltagsgeschichte zu Tage, die sehr genau beobachtet und detailliert erzählt wird. Die Fotografie taucht auch immer wieder geradezu leitmotivisch auf, mit gezahntem Rand, als Erstkommunionfoto, Hochzeitsfoto oder vergilbter Abzug eines Klassenfotos, als Kamera von Mathias Regner, die "altehrwürdige Box" (S. 187), zusammen mit einem Feldstecher und einer Pistole die Erinnerungsstücke Gyulas an seinen Vater. Neben den Fotos sind Zitate das zweite Movens des Erzählstroms, einzelne Wörter oder kurze Sätze der Akteure wie Irma Regners "Meinbub", kein anderes Wort prägt sich Gyula so ein oder "Leb wohl, Mama!" (S. 160), der "lautlose Schrei" von Ferenc beim Begräbnis von Irma Regner.
Der Roman ist streng, fast mathematisch durchkomponiert, schon in den Passagen am Beginn, in denen die Begräbniszeremonie für Irma Regner dargestellt wird: Im Gasthaus, das Alena und Gyula betreten, sitzen drei Männer am Stammtisch, in der dunklen Totenkapelle sitzen drei alte Frauen, gemeinsam ist den beiden Situationen die beklemmende Stille. Der Roman erstarrt aber nicht in einem Formalismus, sondern vermittelt unter die Haut gehend das Lähmende und Einschnürende der erzählten Welt, unterstützt durch eine lyrisch dichte Sprache, die den Persönlichkeitsverlust der Protagonisten durch Personifizierungen oder (De-)Animierungen ihrer Umwelt plastisch zum Ausdruck bringt. Beispielsweise in den Schilderungen des Fabrikmolochs in Amerika, der Michael Regner als Rädchen des Systems verschlingt oder der von Gyula durchstreiften Stadt, in der die Blätter wie tote Vögel von den Bäumen fallen. Der Roman ist eine umfassende psychologische Untersuchung der Familie, in der das Geflecht der einzelnen Bindungen und Entfremdungen geradezu wissenschaftlich exakt herausgearbeitet ist: zwischen Irma und Gyula, verstärkt durch die Abwesenheit des Vaters im zweiten Weltkrieg, zwischen Mathias und Ferenc, dem von Irma abgelehnten Vaterkind, zwischen Irma und Rosa, und viele weitere mehr. Der Roman ist schließlich eine große historische Dokumentation, nicht nur von Abläufen, sondern auch von Gefühlen, von psychischen Verletzungen und ihren Langzeitfolgen. Anhand der Figuren zeigt sich, wie sich die Weltgeschichte zwischen den Flüssen Pulka, Wulka und Gusen, den Sprachen Deutsch, Ungarisch und Kroatisch und der christlichen, jüdischen und Roma-Kultur spiegelt, wie vor allem der Faschismus die Menschen und ihre Koexistenz zerstört. Er transportiert sehr viel Alltagskultur, Begegnungen mit dem Fremden, mit den alliierten Soldaten aus Russland und Amerika, mit den ersten Ölsardinen und Süd 2000 früchten. Die Entnazifizierung durch die Alliierten ist in direkter Rede gehalten, oral history aus dem Mund Irma Regners. Sehr beeindruckend ist die Passage, in der sich Gyula an die Opfer in den Mauthausner Nebenlagern Gusen I und II zu erinnern versucht, die er als Vierjähriger noch miterlebte. Die jüdische Kultur ist vor allem in der Figur Béla Grünfelds präsent, der in direkter Rede die Situation in der international hoch angesehenen Mattersburger Talm Jeschiba schildert und im März 1937 "voller böser Ahnungen" (S. 125) ist. Irma Regner arbeitet in Wien bei einer jüdischen Familie. Vor den furchigen Gesichtern der Roma schrecken sich die Buben Guyla und Ferenc, die Eltern erzählen ihnen von ihrer schlechten Lage und der Verfolgung und Ermordung durch die Nazis. Die christliche Kultur zeigt sich mit "bedrohlichen Bußliedern" (S. 154) in Irma Regners Wallfahrt nach Mariazell.
Mit Irma Regner und ihrem Sohn Gyula wird schließlich das 20. Jahrhundert zu Grabe getragen. Eine Generation, die in das 21. Jahrhundert wächst, gibt es nicht mehr.
"Am anderen Ufer des Sees berührte der Himmel die Erde" (S.108), so sieht Gyula als Schüler das "Flache", wie die Einheimischen den Neusiedler See nennen. Viele Berührungspunkte zwischen Himmel und Erde gibt es an den diesseitigen Ufern nicht. Das zeigt der Roman eindringlich. Die Ufer halten nicht einmal, sie reißen die Protagonisten fort und die Leserinnen und Leser mit.

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Quelle: Literatur und Kritik;
Autor: Andreas Weber;
Lebensgeschichte(n)
Helene Flöss' großer Roman "Brüchige Ufer"
Familienroman, Chronik des Burgenlandes, eine Saga der kleinen Leute - "Brüchige Ufer", der Roman von Helene Flöss, löst auf den ersten Blick alle diese Gattungen ein. Doch er ist vor allem eine faszinierende extistentialistische Auseinandersetzung mit Tod, Erinnerung und Lebenssinn bzw. -form.
Die Geschichte beginnt beim Begräbnis von Irma Regner, deren Leben mit Kinderarbeit begann. Den Zweiten Weltkrieg überlebt sie in Wien, die Nationalsozialisten ekeln die ehemalige Haushälterin einer menschlich feinen jüdischen Familie an. Ihre Schwester Rosa spricht als einstige Sekretärin eines Gauleiters ein Leben lang nicht vom Kriegsende, sondern vom "Zusammenbruch". Irmas Mann Mathias, ein Eich- und Vermessungsbeamter, Wehrmachtssoldat im Zweiten Weltkrieg, ist dreißig Jahre vor ihr an Lungenkrebs gestorben. Er hat sie geschlagen, die Ehe war ein Desaster auf der Basis von Angst vor dem Alleinsein und Verantwortung für die Söhne Ferenc, den jüngeren, den Vater-Sohn, und den erstgeborenen Gyula, Mutters "Meinbub". Er ist Protagonist und kompositorisches Zentrum des Romans, von dessen Geschichte ausgehend Flöss die Lebensläufe seiner Eltern, Tanten, Onkeln, seines Bruders und der Großeltern erzählt.
Gyulas Großvater Michael Regner versucht wie viele Burgenländer durch Fabrikarbeit 1905 und 1922 ein reicher Onkel in Amerika zu werden, doch viel mehr als eine Werkzeugkiste brachte er auch vom zweiten Auswanderungsversuch nicht zurück. Gyulas Großmutter Malinka, die ihn als Kind mit viel Liebe teilweise aufzieht, jätet mit sechs Jahren das Unkraut auf den Äckern des Gutsherrn, arbeitet mit acht in der örtlichen Zuckerfabrik, dann in der Textilfabrik der Nachbarstadt, zuletzt in einer Wiener Schokoladefabrik. Mit neunzehn heiratet sie Michael Regner aus Ödenburg, einen Tagelöhner mit Amerikaerfahrung, dessen Traum von der Bewirtschaftung der kleinen Landwirtschaft der Erste Weltkrieg und das Ende Österreich-Ungarns verhindern. Sie ist zeitweise Alleinerzieherin von fünf Kindern und kommt nicht auf die Idee, sich zu fragen, ob sie "glücklich" sei. Ihren Sohn Mathias, Gyulas Vater, der traumatisiert aus dem Zweiten Weltkrieg zurückkommt, quält die Suche nach seinem Glück. Der Lebensinhalt und -sinn seiner Frau Irma ist "Meinbub" Gyula. Ihr zweiter Sohn Ferenc, das Vaterkind, halbtaub und ein begabter Zeichner, ist ihr gleichgültig. Gyula gelingt nach anfänglichem Schulversagen dank der Förderung eines engagierten Pädagogen ein Doktorats-Studium und ein beachtlicher sozialer sowie beruflicher Aufstieg, der es ihm ermöglicht, auch seinen lebensuntüchtigen Bruder ins Brot zu setzen. Schon als Schüler ist Gyula ein "schwermütiger Zweifler", den sein Vater immer wieder verprügelt. Sein tragisches Ende zeichnet sich in
seinen gescheiterten Ehen, frustrierenden Affären und Sinnkrisen als Folge seiner Bindungsängste ab.
"Brüchige Ufer" ist ein sehr persönliches Buch. Es beginnt in der Zeit, als das Burgenland ein Teil Ungarns war, was vielleicht auch die Namen der Brüder Gyula und Ferenc erklärt. Flöss schreibt über die Gegend zwischen den Städten Eisenstadt und Sopron (Ödenburg), den Flüssen Pulka, Wulka und den Sprachen Deutsch, Ungarisch und Kroatisch. Schauplätze liegen auch in Güssing, Gusen bei Mauthausen, wohin die Burgenländer bei Kriegsende vor den Russen geflohen sind, und in Amerika. Helene Flöss erzählt vom Alltag und dem Ende der Koexistenz von christlicher, jüdischer und Roma-Kultur. Die 1954 in Brixen/Südtirol geborene Autorin lebt nach Berufsjahren als Mittelschullehrerin in Meran seit 1991 als freie Schriftstellerin in Großhöflein/Burgenland. Auch 15 Jahre nach ihrer Übersiedlung aus privaten Gründen fühlt Flöss sich, wie sie in einem Interview einmal gestanden hat, noch als Fremde in ihrem neuen Lebensraum, was ihrem Schreiben gut getan hat.
In "Dürre Jahre" (1998) berichtet sie mit viel (Selbst-)Ironie über ihre Magersucht, in "Schnittbögen" (2000) und "Löwen im Holz" (2003) geht es um Südtirol. Sie erzählt keine Anekdoten von der großen Geschichte, die vor allem als zwei Weltkriege und Faschismus das Leben der sogenannten kleinen Leute prägt. Spürbar ist in ihren Texten immer die Betroffenheit der Autorin. Sie nimmt Unrecht und Leid, das Fremden widerfährt, aber auch Freude und fremdes Glück persönlich. Für die Gestaltung des historischen Hintergrundes ihres Burgenland-Romanes hat sie (die im Anhang zitierte) Sekundärliteratur studiert, sie rettet in bester oral history-Manier viele persönliche Erinnerungen, aber (mittels Glossar im Anhang) auch Wörter des deutsch-ungarisch-kroatischen Dialekts vor dem Verschwinden. Helene Flöss erschreibt sich ihre Heimat mit Leidenschaft und Einfühlungsvermögen. Ihr Roman über das Burgenland ist schlank, die Sprache der Autorin besticht durch Präzision und poetische Lakonie, ihr literarisches Verfahren ist auf understatement angelegt. Die Figuren tragen ihre Bedeutung nicht vor sich her.
Gyulas Vater Mathias Regner ist ein Mensch, der gerne auf Brücken steht, von denen er auf die unter ihm davonziehenden Ströme blickt. Vielleicht denkt er dabei an die Ferne, der das Wasser unter ihm entgegeneilt, um ins Meer zu münden. Er steht hoch zwischen den Ufern, die brüchig sein mögen, die es aber gibt, solange dieser Fluß fließt. Selten ist ein Bekenntnis zum Leben und der Freude daran schöner und überzeugender formuliert worden.

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Quelle: Pool Feuilleton;
Die Geschichte als rauschender Fluss, der immer wieder das Ufer annagt, und wer zu knapp am brüchigen Ufer steht, wird mitgerissen oder überschwemmt!
Helene Flöss erzählt irgendwie die Burgenländische Landesgeschichte anhand einer Dummy-Familie, die zwischen 1900 und der Gegenwart quasi Crash-Tests mit der Geschichte durchführt. Fixpunkte sind jeweils Begräbnisse, jemand wird begraben, und während der Sarg in die Tiefe rasselt, setzt seine Story ein.
Der Norm-Burgenländer ist demnach mehrmals nach Amerika ausgewandert und wieder ins Burgenland zurückgekehrt, hat Kaiser, Erste, Zweite Republik, Pfeilkreuzler, Nazis und Russen erlebt und eigentlich nichts anderes im Sinn, als seine Ruhe zu haben, denn die Dörfer sind auf Ruhe aus. Andererseits scheint gerade der Burgenländer der ideale Auswanderer zu sein, weil er sich eben mit seiner beinahe kargen Wahrnehmung in jeder x-beliebigen Gegend gut zurechtfindet. So kommt der Urgroßvater scheinbar mühelos in New York zurecht, weil sich die Handgriffe des Lebens, die er im ac8 Burgenland gelernt hat, auch in der Großstadt bewähren.
Durchaus im Stile einer Saga perlen die Figuren durch die archaische Soziallandschaft, jede noch so kleine Figur erfährt im Roman die volle Würdigung eines vollen Schicksals. Nicht zuletzt wegen der Gerätschaften und Redewendungen, die heutzutage nur mehr in Heimatmuseen und Volkshochschulkursen ausgestellt und angewendet werden, erfahren die Personen eine Politur von pädagogischer Erhabenheit. Und selbst wenn das Ufer einmal abbröckeln sollte, so gibt es dahinter ein nächstes, das gewiss Halt verleiht. Die begleitende Figur Gyula verarbeitet nicht nur die Geschichte, sondern kriegt auch so etwas Schreckliches wie die Pension in den Griff. "Gyulas Schrecken vor seiner Pensionierung dauerte nur kurz. Er hatte auch die neuen Gegebenheiten im Griff. Sobald du niemand mehr bist, dreht sich kein Hund mehr nach dir um', sagte er." (245)
Das Land ist schön, die Schicksale sind schön, die Geschichte ist schön, wenn man alles nur geduldig erzählt.
Helene Flöss hat einen patriotischen Roman im besten Sinne geschrieben. Darin kann man nächtelang nachlesen, was die Vorfahren in der Puszta einst erlebt haben und wie trotz der vielen Begräbnisse das Leben immer wieder irgendwie weiter gegangen ist.
Helmuth Schönauer
Bemerkung Katalogisat importiert von: Rezensionen online open (inkl. Stadtbib. Salzburg)
Exemplare
Ex.nr. Standort
11646 DR.E, Flö

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