Die Außerirdischen : Roman

Rabinovici, Doron, 2017
Bücherei Zams
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Medienart Buch
ISBN 978-3-518-42761-3
Verfasser Rabinovici, Doron Wikipedia
Systematik DR.E - Romane, erzählende Gegenwartsliteratur
Schlagworte Leben, Psychologie, Fiktionale Darstellung, Erzählende Literatur: Gegenwartsliteratur ab 1945, Liebesbeziehung, Spiel, Manipulation, Internet, Gesellschaft, Frieden, Ironie, Medien, Zusammenleben, Bücher Neuerscheinungen, Zivilisation, Humanismus, Außerirdische, Menschenopfer, Talkshow, Casting
Verlag Suhrkamp
Ort Berlin
Jahr 2017
Umfang 255 Seiten
Altersbeschränkung keine
Auflage Erste Auflage
Sprache deutsch
Annotation Angaben aus der Verlagsmeldung



Die Außerirdischen : Roman / von Doron Rabinovici


Erschreckend die Nachricht, die eines Morgens von sämtlichen Sendern gemeldet wird: Eine extraterrestrische Macht hat über Nacht die Erde erobert. Sol, Mitbegründer eines Online-Magazins, ist sofort von der Wahrheit der Meldung überzeugt, seine Frau Astrid ist skeptisch. Nach der ersten allgemeinen Panik sickern Neuigkeiten durch: Die Außerirdischen sind sanftmütig; sie meiden scheu jeden Kontakt; sie bringen Aufschwung und Frieden. Da ist nur ein kleiner Haken sie bitten um Menschenopfer auf freiwilliger Basis. Überall werden Spiele ausgerichtet, um die Auserwählten zu bestimmen. Wer mitmacht, dem winken enorme finanzielle Vorteile.
Sols Online-Magazin ist mit einer rasch etablierten Talkshow dicht dran an den Ereignissen. Als sich aber Sols junger Nachbar Elliot als Kandidat für die Spiele meldet, stellt das Sol und Astrid auf die Probe. Und die Fragen werden drängend: Wer ist mitschuldig, wer profitiert, wer begehrt auf?
Doron Rabinovici, der Meister des »fein austarierten Spiels der Übertreibung« (FAZ), erzählt mit der ihm eigenen Rasanz und Ironie von einer Gesellschaft, die keine Außerirdischen braucht, um sich selbst unheimlich zu werden.


Quelle: bn.bibliotheksnachrichten, Sabine Eidenberger
Eine sehr ironische Weiterentwicklung der Idee von Orson Welles. (DR)

Die Außerirdischen sind gelandet. Ob das wirklich stimmt, erfährt man bis zum Ende des Buches nicht. Dafür hält der Autor wie einst ja auch schon Orson Welles dem Publikum einen unangenehmen Spiegel vor. Wie verkommen ist die Gesellschaft weltweit mit ihren Vorurteilen, der Konsumsucht, den Medien, die alles bestimmen dürfen? Verpackt in einer rasanten Geschichte, die Science-Fiction sein könnte, werden die großen Themen und Fragen unserer Zeit bearbeitet. Sind die Außerirdischen denn nun gut oder böse? Haben sie per weltweitem Stromausfall die Menschheit gerettet, da durch den Blackout verhindert wurde, dass ein größenwahnsinniger Präsident einer Großmacht eine Atombombe zündet? Oder sind sie doch Menschenfresser und inszenieren Fernsehshows, um unauffällig an ihre Opfer zu kommen?

Durch die vielen Bezüge zum Weltgeschehen - im großen Kontext wie auch dem der österreichischen Politik - erhält das Buch eine geradezu bösartige Aktualität. Man könnte sich jetzt natürlich fragen, wie viele Bücher über den Verfall der Gesellschaft es noch braucht, der witzig-elegante Stil dieses Romans und natürlich auch der "regionale" Bezug machen ihn jedenfalls interessant. Für alle Bestände empfehlenswert.


Quelle: Pool Feuilleton
In einem guten Roman ist es durchaus logisch, dass Außerirdische in unserer Gesellschaft landen und uns glaubwürdig verhexen. Die Leser interessiert dann höchstens, wie machen die das. Dass es so etwas gibt, steht bei Fiktionsgeschulten außer Diskussion.

Doron Rabinovici lässt die Außerirdischen über Nacht wie eine Unglücksmeldung als Nachricht auftreten. "Sie kamen über Nacht. Wir schliefen tief. Eng umschlungen. Der Hund des Nachbarn schlug nicht an." (11)

Schlagartig verändert sich die Welt. Das Protagonisten-Paar Sol und Astrid merkt eine gewisse Unruhe an sich selber, die Gefühle sind nicht mehr das, was sie einmal gewesen sind. Eine Nachricht von Außerirdischen schlägt sich bis in die Intimsphäre durch, aber auch beruflich ist die Welt über Nacht eine andere geworden. Astrids Ausstellungen im Kunstbetrieb haben plötzlich einen bodenlosen Kontext und daher keinen Sinn. Und das Gourmet-Magazin, in dem Sol arbeitet, stellt sofort auf Überlebensnahrung um.

In der ersten Hysterie wird etwa ein Feuerwehrmann erstochen, weil man ihn in seiner Brandschutzkleidung für einen Außerirdischen hält. Aber auf genauere Nachfragen stellt sich heraus, dass noch niemand einen Außerirdischen gesehen hat.

So spielt sich alles in einem Zwischenreich von Gerücht, Fake, Ankündigung und Show ab. Ein Makler soll sogenannte "Exobilien" (120) anbieten, das sind Grundstücke im Weltall. Die Außerirdischen sollen eine Show verlangen, worin Freiwillige geschlachtete werden.

Sol ist als Gourmet für den kulturellen Verzehr dieses Freiwilligen-Fleisches zuständig, sein Nachbar Elliot meldet sich, springt aber kurz vor der Eigenschlachtung ab. Plötzlich entstehen Unruhen und es wird die Parole ausgegeben: "Das Spiel ist vorbei. Wir machen Ernst." (145)

Menschen werden in Flugzeuge verfrachtet und auf einer Insel ausgesetzt, wo sie zu Tode kommen. Es gibt keine Freiwilligen mehr, weil alle um ihr Überleben kämpfen. Auch Astrid ist verschwunden, als sie Sol findet, hat sie diesen gedopten Dämmerblick der Belanglosigkeit, er hat sie zwar gefunden aber gleichzeitig verloren.

Die Ersten fragen, ob es überhaupt Außerirdische gewesen sind, die dieses apokalyptische Chaos ausgelöst haben. Die anderen leiden unter Schuldgefühlen, dass sie sich gewehrt haben und teilweise dem Untergang entkommen sind. Alles ist zu einem Giga-Casting für überdimensionierte Spiele geworden, zurück bleiben eine zerstörte Gesellschaft und Individuen, die gebrochen sind.

Doron Rabinovici inszeniert den Roman als philosophisches Schachspiel. Was darf man unter bestimmten Bedingungen? Darf man alles? Gibt es überhaupt etwas, worauf man sich verlassen kann? Diese als Dystopie verkleidete Spielanleitung lässt sich auf alle großen Zerstörungen übertragen, wer denkt nicht an den Holocaust, wer findet nicht Parallelen zur Migrationskultur, wer getraut sich noch etwas Sicheres über die Nachrichtenlage zu sagen? Die Außerirdischen dieses Romans krabbeln jedenfalls ganz easy unter die Haut, um es unphilosophisch zu sagen.

Helmuth Schönauer
Bemerkung Katalogisat importiert von: Deutsche Nationalbibliothek
Exemplare
Ex.nr. Standort
12382 DR.E, Rab

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