Der Glücksfinder

Vendel, Edward van de, 2011
Bücherei Zams
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Medienart Buch
ISBN 978-3-551-58215-7
Verfasser Vendel, Edward van de Wikipedia
Verfasser Elman, Anoush Wikipedia
Beteiligte Personen Erdorf, Rolf [Übers.] Wikipedia
Systematik DR.J - All Age, Young Adult, Dystopien, Fantasy
Schlagworte Familie, Flucht, Jugendbuch, Afghanistan, Niederlande, Unterdrückung, Soziale Integration, Geschichte 2001, geschichte 2002, Taliban, Afghanische Familie, Asylbewerber
Verlag Carlsen
Ort Hamburg
Jahr 2011
Umfang 460 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Annotation Angaben aus der Verlagsmeldung



Der Glücksfinder / von Edward van de Vendel, Anoush Elman


Nach der Machtübernahme durch die Taliban muss Hamayun zusammen mit seiner Familie aus Afghanistan fliehen. Irgendwohin in ein sicheres Land. Über ein halbes Jahr sind sie unterwegs und müssen ihr Leben Knochenträgern anvertrauen - so nennt Hamayun die Menschenschlepper, die sie kreuz und quer durch Europa karren.
In den Niederlanden endet ihre Flucht schließlich. Dort finden sie sogar den großen Bruder wieder, und trotzdem ist noch lange nicht alles gut. Die Unsicherheit, die immer neuen Asylanträge und -verfahren zermürben und entmutigen sie.

Umso erstaunlicher, dass Hamayun sich selbst trotz aller Schwierigkeiten als Glücksfinder bezeichnet und die Hoffnung nicht aufgibt. Edward van de Vendel und Anoush Elman, auf dessen eigener Geschichte dieses Buch beruht, kleiden Hamayuns Geschichte in unverbrauchte, präzise Bilder, die einen lange nicht loslassen.


In den Niederlanden bereits hoch gelobt und vielfach ausgezeichnet.
"Edward van de Vendel gibt "dem Asylbewerber" nicht nur ein Gesicht, sondern auch ein Herz. Dieses Buch war eine Notwendigkeit." - Trouw


Quelle: 1000 und 1 Buch, Johann Waser
Annotation: Der 16-jährige Hamayun erzählt von der Verfolgung in Afghanistan, der qualvollen Flucht und der Zeit als Asylant in den Niederlanden.

Rezension: Der etwa 16-jährige afghanische Flüchtling Hamayun soll auf Bitte seiner Lehrerin über seine Lebensgeschichte ein Theaterstück verfassen. Damit beginnt die (auch typografisch abgesetzte) Rahmenerzählung. In drei breit angelegten Rückblenden erfahren wir die wesentlichen Stationen: Als Hamayun etwa acht ist, übernehmen die Taliban in Afghanistan die Regierung und verfolgen seinen gut situierten Vater, da er "frei denkt". Zunächst flieht der Lieblingsonkel, dann der ältere Bruder, schließlich die ganze Familie mit Ausnahme des Jüngsten, der bei einer Oma zurückbleiben muss. Mit "Knochenträgern", wie man die Schlepper nennt, kommen sie in monatelangem, strapaziösem Unterwegssein über den Iran und Kasachstan irgendwann in den Niederlanden an. Im Asylzentrum erhalten sie Wohnung, Nahrung und Kleidung und finden sogar den älteren Bruder wieder. Hamayun glaubt, er sei "der Mann, der das Glück fand" (das ist der Titel seines absoluten Lieblingsfilms gewesen). Im letzten Teil der Rückblende erfahren wir von den vergeblichen Versuchen, Asyl zu bekommen. Der Vater wird inhaftiert, sie verlieren die Wohnung, werden verraten, und alle Bemühungen der Schule, der Gemeinde und einer teuren Anwältin nützen nichts. Hier mündet die Rückblende in die Rahmenhandlung. Der Ich-Erzähler schreibt sein Stück fertig und bringt es zur Aufführung, doch was dann geschieht, bleibt offen: Das Buch bietet zwei konträre Schlüsse an.

Der packend erzählte Jugendroman beruht weitgehend auf der wahren Geschichte von Anoush Elman, dem der niederländische Schriftsteller van de Vendel als Co-Autor zur Seite steht. Die beiden verstehen sich auf bilderreiches Erzählen, nicht umsonst träumt Hamayun davon, sein Leben auf vielen DVDs festzuhalten. Und sie sind offenbar trotz aller Qualen der Flucht, trotz der Gefährdungen und des Scheiterns einer sich anbahnenden Liebe ungebrochene Optimisten, "Glück-Sucher" und hoffentlich auch "Glücksfinder".

Quelle: Alliteratus, Astrid van Nahl
Die Geschichte von Hamayun und seiner Familie, nach den Erfahrungen von Anoush Alman aus Afghanistan, aufgeschrieben und literarisch ausgestaltet von Edward van de Vendel. Für den Leser ergibt sich durch diesen bewegenden und packenden Roman ein Blick in ein Land, von dem wir immer noch wenig wissen, zu wenig, als dass man sich ein wirkliches Urteil über seine Asylbewerber machen kann. Vorurteile und Ablehnung ausländischer Mitbürger resultieren oft aus uneingestandenen Ängsten vor Fremdheit und aus dem Nichtverstehen ihrer Kultur und Religion.

Die doppelte Autorenschaft ist ein ganz besonders gut gelungener "Kunstgriff", denn der eine sorgt für die Authentizität der Ereignisse bis ins Detail, der andere erzählt gekonnt und routiniert, wie man es von ihm erwarten darf, und kann die Sicht des Lesers ausrichten, den Blick lenken, die Hintergründe durchscheinen lassen, um das, was dem Leser nicht verständlich sein könnte, transparent zu machen.

Die Geschichte des knapp 15-jährigen Hamayun beginnt in Afghanistan und spielt nach der Machtergreifung durch die Taliban, der islamistischen Miliz, die nach 1996 weite Teile des Landes beherrschte und ihre Kontrolle u.a. durch Massaker und Gräueltaten an der Zivilbevölkerung zu halten versuchte. Wie viele andere will auch die Familie Hamayuns aus dem Land fliehen um zu überleben und andernorts eine gesicherte Existenz aufzubauen. Der große Bruder ist bereits weg, nun trifft es die restliche Familie. Ein Alptraum beginnt. Menschenschleppern müssen sie sich anvertrauen, ihr ganzes Geld opfern dafür, dass sie auf der illegalen Flucht kreuz und quer durch Europa geschleppt werden, bis sie schließlich nach einem halben Jahr in den Niederlanden landen.

Nun beginnt ein erniedrigender und zermürbender Prozess, denn die langfristige Aufnahme in den Niederlanden ist unsicher, ein Asylgesuch nach dem anderen wird abgelehnt, während die Zeit vergeht und die Familie sich bereits heimisch zu fühlen beginnt. Vor allem Hamayun schlägt neue Wurzeln, ist am Ende sogar in der Lage, ein Stück zu schreiben, das in der Schule aufgeführt wird, das von den Unsicherheiten des Lebens und dem zermürbenden Kampf ums bloße Überleben erzählt. Während die Monate und dann Jahre vergehen, gibt es keine Gewissheit, wie die Geschichte ausgehen wird, der Vater im Gefängnis, immer noch auf Asyl hoffend. Der Roman bietet dem Leser zwei Enden, ein positives, ein negatives; keines wird favorisiert.

Aus dem ängstlichen Kind Hamayun wird ein Jugendlicher, der weiß, was er will. Und vor allem will er eines: Rechenschaft ablegen über das, was in Afghanistan geschehen ist und geschieht, was die lange Reise als illegaler Flüchtling nach Europa bedeutet, wie sich die Zeit nach der Ankunft gestaltet. Anoush Elman und Edward van de Vendel erzählen vom täglichen Leben in Afghanistan ebenso wie vom Leben in Heimen der Asylsuchenden, so genau, dass es fast ein Sachbuch oder ein Geschichtsbuch sein könnte, wäre das Geschehen nicht so überaus gekonnt und spannend geschrieben. Das Schicksal von Tausenden wird sichtbar im Schicksal dieser kleinen Familie, die aus der Anonymität herausrückt und stellvertretend für etwas Größeres steht, warmherzig erzählt, und trotz all des Negativen, das die Menschen erwartet, auch deutlich das Positive erkennen lässt, die Dankbarkeit von Menschen, die bereits alles verloren haben.

Und trotzdem nennt sich Hamayun "der Glücksfinder", weil er glaubt trotz aller Schwierigkeiten eines Tages das Glück zu finden, schon einige Strähnen davon in den Händen zu halten, voller Hoffnung auf die eigene Zukunft, in dem Glauben an das Land, das ihm diese Zukunft vielleicht bieten wird können. Es ist diese teils fast optimistische Sicht des Erzählers, die dem Buch zum einen eine mögliche kritische Schärfe nimmt, zum anderen den Leser beschämt, der sich in seinem Leben in Sicherheit wiegen kann und vielleicht zu denen gehört, die das erhoffte Glück des Jungen und seiner Familie gedankenlos zerstören werden.

Der Glücksfinder ist auch ein Glückstreffer - ein Buch, das alle Jugendlichen lesen sollten, die über den Tellerrand hinausblicken und sich eine eigene Meinung bilden, die Hintergründe erkennen 2000 wollen von Situationen, die ihren Alltag heute prägen und denen sie ständig in allen Medien begegnen.

Der Glückfinder ist ein Kind der Völkerverständigung, ein Buch, das nicht angreift, sondern versteht und noch da zu verstehen versucht, wo die Vernunft nicht mehr reicht, präzise, in klaren deutlichen Bildern, die keine Feindlichkeiten schüren oder aufbauen. Ein Buch, das deutlich eine Auszeichnung verdient, weil es neue Maßstäbe im Umgang miteinander im Sinne einer kulturellen Verständigung über Ethnien und Grenzen hinweg setzt. Ausgezeichnet!

Quelle: bn.bibliotheksnachrichten, Cornelia Gstöttinger
In der Fremde das Glück finden? Stationen eines Flüchtlingslebens. (ab 12) (JE)

Das eigene Dasein, dokumentiert in einem Schrank voller DVDs, das wünscht sich Ich-Erzähler Hamayun, um das Drehbuch seines Lebens besser fassen, die Tricks des Regisseurs durchschauen, vielleicht sogar das Ende vorhersagen zu können. Der 16-jährige Junge aus Afghanistan soll ein Theaterstück über sein Flüchtlingsschicksal schreiben: Wie Filmszenen tauchen die Erinnerungen auf, schlimme Dinge, die er lieber löschen möchte, aber auch Schönes wie die Solidarität seines besten Freundes, als die Taliban sein Elternhaus bewachen.

In Rückblenden wird erzählt: vom Alltag in Kabul unter der restriktiven Herrschaft der Taliban, der überstürzten Flucht, den Menschenschleppern, der Reise ins Ungewisse unter widrigsten Bedingungen, der hoffnungsvollen Ankunft in den Niederlanden und dem zermürbenden Warten auf die Genehmigung des Asylantrags. Der Versuch sich anzupassen wird überschattet vom Verlust der Heimat, von der Angst, einfach ausradiert zu werden von den Behörden. Dieses Gefühl nistet sich in den LeserInnen ein, verändert ihre Wahrnehmung. Die beiden in Aussicht gestellten Zukunftsvarianten verdeutlichen, dass das Glück, bleiben zu dürfen, an einem seidenen Faden hängt.

Wie Hamayun hegt Anoush Elman eine Leidenschaft für Filme. Dieser für Öffentliche Büchereien und Schulbüchereien äußerst empfehlenswerte Roman basiert auf seinen Erfahrungen: Er ist seit kurzem als Flüchtling in den Niederlanden anerkannt. Die Liebe zum Film spiegelt sich in der Erzählstruktur, wenn die einzelnen Lebensabschnitte Filmgenres zugeordnet werden und zwischen Comedy, Roadmovie, Drama und Science fiction hin und her pendeln. Das Erzählkonzept ist aufgegangen: Die Authentizität ist spürbar, Anoush Elman ist es gemeinsam mit dem bekannten niederländischen Autor Edward van de Vendel gelungen, seine Geschichte in eine einfühlsame Sprache zu kleiden, die LeserInnen ab 12 ansprechen wird.

Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen, Ruth Schmidhammer
Der bekannte niederländische Kinder- und Jugendbuchautor van de Vendel und der junge Afghane Elman haben dieses Buch gemeinsam geschrieben. Die Geschichte erzählt von Anoushs Flucht aus Afghanistan und seinen Jahren in den Niederlanden bis zur gültigen Anerkennung als Flüchtling.

Nachdem der Vater die Arbeit als Lehrer an einer Oberschule für Mädchen verloren hat, übersiedelt die Familie von Mazar-e-Sharif nach Kabul, dort hofft man den Verfolgungen der Taliban zu entkommen. Gemeinsam mit einem Bekannten, führen der Vater und Onkel Aaron ein Geschäft. Ihre früheren Berufe als Lehrer bzw. Journalist dürfen sie nicht mehr ausüben.

In der Schule gibt es immer weniger allgemeinen Unterricht, dafür nehmen die Stunden der Mullahs zu. Nach kurzer Zeit verhaftet die Talibanpolizei den Vater. Bald darauf fliehen Anoushs Bruder Bashir und sein Cousin Tashmir über den Iran in den Westen. Die beiden Jungen wären wahrscheinlich demnächst zu den Talibansoldaten eingezogen worden. Die meiste Zeit verbringt Anoush nun mit seinem besten Freund Faisal, dessen Eltern ebenfalls der Opposition angehören. Obwohl der Vater wieder aus dem Gefängnis entlassen wird, fühlt sich die Familie nicht mehr sicher. Zuerst geht Onkel Aaron mit seiner Familie, dann verlassen auch Anoushs Eltern mit den Kindern das Land. Zurück bleiben die Großmütter und das jüngste Kind der Familie - zu diesem Zeitpunkt ist der kleine Bruder noch ein Baby.

Die " Reisevermittler" stellen sich als kriminelle Schlepper heraus, die Reisebedingungen sind äußerst schlechte, unendliche Strapazen müssen auf sich genommen werden, niemand weiß wohin die Flüchtlinge gebracht werden und wie lange die Reise dauern wird. Schließlich wird die Familie in einer Stadt ausgesetzt, dort erfahren sie, dass sie in den Niederlanden gelandet sind.

Anoush Familie scheint zwar wieder vereint, auch Bashir und Onkel Aaron leben hier, ein Ende der Flucht ist aber nicht zu sehen. Abhängig von der politischen Situation, dem Stimmenzuwachs der Rechtspopulisten gestalten sich die Bemühungen, endlich als Flüchtlinge anerkannt zu werden -und die endgültige Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen - als äußerst schwierig. Die Familie gilt als gut integriert, Anoushs Noten in der Schule werden als hervorragend bezeichnet, trotzdem trifft ein negativer Bescheid nach dem anderen ein.

Dieser spannende Roman liefert ein wichtiges Dokument der Zeitgeschichte und findet hoffentlich viele junge und ältere LeserInnen. Eines der wichtigsten Bücher dieses Herbstes, das auch sprachlich überzeugt.

Quelle: STUBE
Eine DVD-Reihe über das eigene Leben wünscht sich Ich-Erzähler Hamayun in dieser Flüchtlingserzählung, um die traumatisierenden letzten acht Jahre besser verstehen zu können. Er stellt sich vor, wie ihm die verfilmten Schauplätze der Flucht zwischen Afghanistan und den Niederlanden, Regie-Tricks und Filmmusik helfen würden, die ungerechte Behandlung seitens der Taliban, der Menschenschlepper und der holländischen Behörden zu verarbeiten. Diesen selbstreferentiellen Blick verwirklicht die afghanisch-niederländische Autorenzusammenarbeit, die eine reale Flucht in Erzählsträngen strukturiert: Kapitel wie "Comedy", "Roadmovie", "Drama" oder "Science Fiction" dokumentieren spannend die Lebensstationen einer Emigration.

*STUBE*
Bemerkung Katalogisat importiert von: Deutsche Nationalbibliothek
Exemplare
Ex.nr. Standort
11732 DR.J, Ven

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