Der Schritt hinüber : Roman

Tumler, Franz, 2013
Bücherei Zams
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Medienart Buch
ISBN 978-3-85218-728-0
Verfasser Tumler, Franz Wikipedia
Beteiligte Personen Hoiß, Barbara [Nachw.] Wikipedia
Systematik DR.E - Romane, erzählende Gegenwartsliteratur
Schlagworte Belletristische Darstellung, Österreich, Erzählende Literatur, Junge Frau, Nachkriegszeit, Kriegsheimkehrer, Zweiter Band, Werkausgabe, Moderne Prosa, Deutsche Nachkriegsliteratur, Charles-Veillon-Preis
Verlag Haymon
Ort Innsbruck
Jahr 2013
Umfang 235 S.
Altersbeschränkung keine
Auflage 1. Aufl.
Sprache deutsch
Verfasserangabe Franz Tumler. Barbara Hoiß
Fußnote Charles-Veillon-Preis 1956
Annotation Neuausgabe des Romans aus 1956
in alter Rechtschreibung

Nachkriegszeit in Österreich: Susanna Jorhans Leben ist aus der Bahn geraten. Ihr Ehemann ist noch nicht aus dem Krieg zurückgekehrt, sie schwanger von einem anderen Mann lebt mit ihrem kleinen Kind auf einem entlegenen Hof. Von den russischen Besatzungssoldaten zugleich bedroht und beschützt, bestreitet sie ein Leben voll Ungewissheit. Meisterhaft lässt Franz Tumler die Figuren in den Wäldern nördlich der Donau und zugleich in ihren Seelenwäldern umherirren. Hilft in dieser Situation ein Schritt über den Strom, ein Schritt hinüber? Hin- und hergerissen im Strudel der Zeit suchen Tumlers Figuren nach einem harmonischen, einem wahrhaftigen Leben. Der 1956 mit dem Schweizer Charles-Veillon-Preis ausgezeichnete Roman wurde nicht nur von Gottfried Benn und Peter Suhrkamp für gut befunden, er bedeutete für Tumler auch einen Aufbruch zu neuen Erzählformen.


Quelle: bn.bibliotheksnachrichten, Heinrich Klingenberg
Packender Roman über die Nachkriegszeit in Österreich. (DR)

Franz Tumler (1912-1998) zählt zweifelsohne zu den bedeutendsten Erzählern der Nachkriegszeit. Im vorliegenden Roman (erstmals erschienen 1956) wirft er einen genauen Blick auf das Jahr 1945 im Mühlviertel und schnell kommt man darauf, dass es auch um Linz geht. Die Geschichte spielt in der russischen Besatzungszone, bezieht aber auch die amerikanischen Besatzer ein. Hin und hergerissen zwischen Hoffnung und Bangen, pendelt die Protagonistin Susanna zwischen den Besatzungssoldaten, vor allem dem Leutnant Kolja, ihrem Ehemann und anderen Figuren. Sie wartet auf die Rückkehr ihres Mannes aus dem Krieg, ist gleichzeitig von einem anderen Mann schwanger und entsprechend verunsichert.

Meisterhaft setzt Tumler Wahrheit, Lüge, Vertrauen usw. in Szene, wobei seine Sprache einen von Anfang an in den Bann zieht. Hier wird wirklich "verdichtet", präzise formuliert und damit ein Stimmungsbild erzeugt, das die Nachkriegszeit sehr anschaulich beschreibt. Es gibt viele Metaphern und versteckte Andeutungen, eingewoben in einen Erzählstrang aus einem Guss. Ein anspruchsvoller Roman für breite Leseinteressen.


Quelle: Pool Feuilleton
Romane, die an der Kante von Epochen entstehen, lassen sich immer wieder neu lesen, weil sich der Zugang zu diesen Epochen ständig ändert.

Franz Tumlers Roman "Der Schritt hinüber" aus dem Jahre 1956 hat das Zeug zu einem Epochen überschreitenden Versuch, etwas Neues auszuprobieren ohne das Alte zu verleugnen. Mindestens so interessant wie die erzählte Geschichte ist die mit dem Autor mitlaufende Geschichte. Als Nazi-afiner Schriftsteller ist es nach der wiedergewonnenen Souveränität Österreichs vermutlich nicht leicht, mit sich und dem literarischen Kontext ins Reine zu kommen. Franz Tumler übersiedelt daher aus Österreich nach Berlin und wählt einen Stoff, der zeitnah aber unpolitisch die Gegenwart erzählen lässt. Erzähltechnisch geht es in Richtung "Roman nouveau", was zeigt, dass frischer internationaler Wind in die deutsch-tümelnde Stube gezogen ist, außerdem erlaubt die exorbitant genaue Beschreibung von Natur und Gegenständen ein Abschweifen von tagespolitischen Geschehnissen.

Im Roman ist die Hauptfigur Susanna eingeklemmt zwischen zwei Männern, einem russischen Kapitän, der in der Hauptsache besoffen durch das Gelände reitet, und dem enteigneten Gutsherrn, der ihr Schutz gewährt.

Ihr Kind ist von ihrem Ehemann, der noch immer im Krieg vermisst ist. In einem Ambiente, wo Flüchtlinge versteckt oder ausgeliefert werden, die Staatsgewalt brachial auf den Schultern von Besatzern liegt und der Krieg noch handfest als Ruinen herumsteht, hat eigentlich niemand Zeit und Lust, etwas zu philosophieren oder gar auf einem politischen Kurs zu steuern. Es geht primär um das physikalische Überleben, die Parolen haben ausgedient, Entscheidungen dienen dem Überlebenskampf und nicht so sehr dem Auslegen von feinen Regelwerken.

So ist der Schritt hinüber eine Entscheidung der Heldin zwischen den Männerprogrammen, und durch den Wechsel von der russischen in die westliche Zone eine Entscheidung mit dem Bauch und den Füßen.

Aus heutiger Sicht sollte man immer die Entscheidungslosigkeit mitbedenken, es dürfte für die Figuren und die damaligen Leser nicht viel zu entscheiden gegeben haben.

Franz Tumler widmet sich hinter der durchaus spannend und "schön" erzählten Geschichte vor allem der Technik dieses Erzählens. Nichts lässt sich nämlich mit Gewissheit sagen, eine Gesellschaft, die massenhaft mit Verlogenheit in den Krieg gezogen ist hat keine verlässlichen Vokabeln, die sie daraus herausbringen könnte. Lüge und Wahrheit liegen oft in einem Satz verknüpft auf der Waage der Proponenten, richtig und falsch sind gleich wahrscheinlich, sie alle können vorsätzlich lügen oder es einfach nicht besser hinkriegen. Und der Autor einer solchen Wahrheitslandschaft steht dabei auf verlorenem Posten. Es ist ein Versuch, etwas zu erzählen, wenn man den Schritt hinüber wagt in die Fiktion. - Unter dem Licht des Abstands gesehen ist Franz Tumlers Roman aus dem Jahre 1956 eine hellsichtige Vision, wie man sich aus einer verworrenen Situation heraus erzählen könnte.

Helmuth Schönauer
Bemerkung Katalogisat abgeglichen mit: Deutsche Nationalbibliothek
Exemplare
Ex.nr. Standort
6868 DR.E, Tum

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