Vienna : Roman

Menasse, Eva, 2005
Bücherei Zams
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Medienart Buch
ISBN 978-3-462-03465-3
Verfasser Menasse, Eva Wikipedia
Systematik DR.E - Romane, erzählende Gegenwartsliteratur
Schlagworte jüdische Familie, Wiener Familie
Verlag Kiepenheuer & Witsch
Ort Köln
Jahr 2005
Umfang 427 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Eva Menasse
Annotation Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Martina Lainer;
Familienroman als anekdotischer Smalltalk. (DR)

Eva Menasse, die Schwester des renommierten österreichischen Schriftstellers Robert Menasse (z.B. Land ohne Eigenschaften, Die Vertreibung aus der Hölle), legt mit diesem Roman ihr literarisches Debüt vor und geht ihrer eigenen Familiengeschichte nach. In Torbergscher Tante-Jolesch-Tradition setzt sie dem in aller Tragik der Shoah glimpflich verlaufenen Schicksal ihrer Vorfahren einen fast belanglosen Erzählstil entgegen, der durch zum Teil langatmige Anekdoten in die Nähe von Smalltalk gerät. Humor, ja Ironie durchziehen die Episoden, deren Sinn nicht immer klar nachvollziehbar ist - etwa, wenn sich ein umfangreiches Kapitel mit den Eitelkeiten der Mitglieder eines Tennisclubs, zu dem auch die Eltern gehören, befasst.
Wenn es darum geht, dem Lifestyle und der Lebenskunst einer jüdisch-gojischen Familie in Wien nachzuspüren - und das mit Schlemihls Brille - so trifft dieser Roman vielleicht seine Intention. Gemessen an den Gräueln, denen Überlebende im Exil entgangen sind, und den Schwierigkeiten, die nach Österreich zurückgekehrte Exilanten hatten, scheint mir dieser Roman eine bedenkliche Tendenz zur Verharmlosung zu sein, die nicht zuletzt dadurch entsteht, dass diese Aspekte zu wenig erzählerisch aufgegriffen wurden. Ehrlich gesagt, da lese ich lieber wieder Robert Menasses Roman "Vertreibung aus der Hölle".

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Quelle: Bücherschau (Büchereiservice des ÖGB) (http://www.buecherei.at/);
Autor: Robert Schediwy;
Dieses Buch hat nicht wenig Vorschusslorbeeren geerntet - gelegentlich wurde allerdings auch giftig vermerkt, dass es die FAZ-Redakteurin und Schwester eines berühmten und umstrittenen Schriftstellers bei ihrem literarischen Debut wohl leichter gehabt hätte als andere.
Mag sein. Nach der Lektüre von "Vienna" versteht man die positive oder negative Erregung um diesen Familienroman aber nicht wirklich. Das ist ein achtbares, solid nach der Realität gearbeitetes Stück Gebrauchsprosa, genau beobachtet, gelegentlich witzig oder berührend, nicht selten bissig, insgesamt aber kaum weltbewegend. Natürlich lacht man über die Wortverdrehungen des Herrn Königsberger, von "Pater semper imperfectus" bis zur Redewendung "Mit der Kirche ins Dorf fallen". Natürlich schmunzelt man über die angestrengten Bemühungen des Bruders, mit bloß einem jüdischen Großvater (und damit im bornierten halachischen Sinn Nichtjude) als jüdischer Schriftsteller akzeptiert zu werden. Natürlich kommt man ins Sinnieren, ob mit dem "Weißkopf" vielleicht das "Gutruf" gemeint sein könnte und für wen wohl der entlarvte Sportfunktionär Popelnik stehen soll. Die letzte Reise des alt gewordenen Fußballstars und Vaters der Erzählerin an die Stätten des englischen Exils seiner Jugend ist auch sehr schön und zu Herzen gehend beschrieben. Vieles, das in diesem Buch aber sehr ausführlich breitgetreten wird, vom Tratsch im Tennisklub bis zu Problemen wie der Cellulitis und dem Ergrauen des Schamhaars, will man aber nicht wirklich so genau lesen. Auf Seite 388 bekennt die Ich-Erzählerin sich als "bloße Zuschauerin", die "alles nachgezählt und nachgeprüft" habe, attestiert sich dabei aber "kein Gramm Inspiration". So hart formuliert, klingt das ziemlich ungerecht, und nicht jedes interessante Buch muss ja gleich ein Meisterwerk sein. Aber ein kleines Körnchen Wahrheit muss man dieser bitteren Selbsteinschätzung schon zubilligen.

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Quelle: Buch und Medien Südtirol (http://www.provinz.bz.it/kulturabteilung/bibliotheken/320.asp);
Autor: M. Fritz;
"Mein Vater war eine Sturzgeburt. Er und ein Pelzmantel wurden Opfer der Bridgeleidenschaft meiner Großmutter, die, obwohl die Wehen einsetzen, unbedingt noch die Partie fertigspielen mußte." So beginnt das von Publikum und Kritik gefeierte Debüt der jungen österreichischen Autorin. Und so geht es im Roman auch weiter. Eine Anekdote aus der Familiengeschichte folgt auf die andere. Das Besondere an der vorgestellten Familie ist die - für Wiener Verhältnisse gar nicht so seltene - Herkunftsmischung: teils jüdisch, teils sudetendeutsch, teils Nazis, teils Kommunisten. Der Großvater überlebte den Holocaust in Wien dank seiner rein "arischen" Frau. Die Tante Gustl, Großvaters Schwester, die einen katholischen Bankdirektor, Adolf Königsberger, geheiratet hat und seither ein weithin sichtbares Kreuz auf ihrem Busen trägt. Zu erwähnen ist außerdem missratene Sohn Ferdinand (Nandl), zu blöd für einen erfolgreichen Kleinkriminellen. Der Roman ist bevölkert von einer Vielzahl von Figuren, von denen man wiederum eine Vielzahl von Geschichten und Anekdoten erzahlen kann. Manchmal zerfließt der Autorin der Stoff unter den Fingern. Allerdings vermag die Autorin mit glänzenden Dialogen und wunderbaren Formulierungen zu überzeugen. Ein Roman, den man sicher einem breiten Publikum empfehlen kann.

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Quelle: Pool Feuilleton;
Ein guter Roman steht und fällt mit dem ersten Satz. Eva Menasses Roman "Vienna" ist daher ex kathedra gesprochen ein guter Roman, denn der Anfangssatz wird den Lesern noch in Erinnerung sein, da mag der Roman schon längst auf der Halde der Antiquariate liegen.
"Mein Vater war eine Sturzgeburt." (9)
Wuff, nach so einem Satz gibt es nur noch eines: Weiterlesen!
Da raunzen sich auf vierhundert Seiten Figuren durch den Kosmos und schaffen durch Sprachstil, Ironie und perverses Abschweifen vom gerade ausgegebenen Thema jenen Kosmos, der sich durchaus Vienna nennen lässt. Der international gehaltene Namen dieser verrückten Stadt Wien deutet darauf hin, dass die Figuren auch eine Außensicht auf die Stadt haben, wenn auch nicht freiwillig. Denn Teile der Familie mussten emigrieren, wurden vertrieben und erzählen ihren Part quer über die Kontinente und die Zeit verstreut. Andererseits ist Vienna aber auch der Topfußballverein, der sinnigerweise stets den Klassenerhalt verfehlt und ins Bodenlose absteigt.
Eigentlich sind es beinahe akademisch trocken gehaltene Streiche, die den kauzigen Figuren angetan werden, oder die sie einander antun, indem sie betulich über jeden noch so kleinen Schas einen fundierten Bericht abgeben. So ist auch die Sturzgeburt des Vaters zu verstehen, der 1930 anlässlich einer überlangen Bridge-Partie der Großmutter kopfüber in die Welt gestürzt ist. Sämtliche Themen des Romans kommen als Sturzgeburten auf die Welt, zwängen sich so in das bereits bisher Erzählte, weil sie es einfach nicht erwarten können, dass sie drankommen.
Zusammengehalten wird die Familie durch ihre Geschichten, die meist aus der Wiener Zeit stammen, ehe die Nazis zuschlugen. Nach der Vertreibung wird ein Sohn Fußballer in England, ein anderer Soldat in Burma und die Tochter löst sich irgendwo in Kanada in Luft auf.
Letztlich weiß man nicht immer genau, wer die Geschichtchen und Skurrilitäten erzählt und warum, offensichtlich sind diese Anekdoten alle ein Ablenkungsmanöver, um nicht über die schmerzhafte Familiengeschichte der Vertreibung reden zu müssen.
In diesem ironischen Kompott lassen sich auch diverse Plots ausmachen, die teilweise wie der Verschnitt einer Medienkampagne klingen. Ein Präsident des Schiverbandes wird als Kriegsverbrecher enttarnt und dadurch ebenfalls zu einer Anekdote.
Eva Menasses Bestseller Vienna erscheint zum idealen Zeitpunkt mitten unter Jubiläen. Den ganzen Tag lang sitzen Historiker am offenen Fernsehmikrophon und plaudern über Österreich, gleichzeitig feiern sich die Medien, dass sie Österreich so n 6e9 ett darstellen, alles ist im Festtagsrausch. So sind auch die Figuren des Romans echte Österreicher, die kauzig die Feiertags-Sau herauslassen und ein Vienna machen, was immer das auch sein mag.
Helmuth Schönauer
Bemerkung Katalogisat abgeglichen mit: Rezensionen online open (inkl. Stadtbib. Salzburg)
Exemplare
Ex.nr. Standort
4460 DR.E, Men

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