Die Kinder sind Könige : Roman

Vigan, Delphine de, 2022
3 Sterne
Bücherei Zams
Verfügbar Ja (1) Titel ist in dieser Bibliothek verfügbar
Exemplare gesamt 1
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Medienart Buch
ISBN 978-3-8321-8188-8
Verfasser Vigan, Delphine de Wikipedia
Beteiligte Personen Heinemann, Doris [Übers.] Wikipedia
Systematik DR.E - Romane, erzählende Gegenwartsliteratur
Schlagworte Kinderarbeit, Familie, Einsamkeit, Kindheit, Eltern, Erziehung, Krankheit, Erzählende Literatur: Gegenwartsliteratur ab 1945, Internet, Protest, Demonstration, Familienleben, Ermittlung, Social Media, Kinder, Französisch, Psychologe, Alleinsein, Ermittlerin, französischer Bestseller, Prix Renaudot, Machtmissbrauch, Überwachung, vermisst, Instagram, Parallelwelt, Soziale Medien, Twitter, YouTube, Polizistin, Realität, nach einer wahren Geschichte, tage ohne hunger, Gesellschaftsanalyse, Gericht, Verhandlung, das lächeln meiner mutter, Influencer, Follower, Verfolgungswahn, Big Brother, Scheinwelt, Kinderinfluencer, Starkult, Berühmte kinder, tiktok, social media star, kinderstar, kamera, leben im rampenlicht, unboxing, vlogging, werbung, aufrufe, abonnenten, verlorene kindheit, ruhmsucht, vermisstes kind, no&ich, loyaliäten, dankbarkeiten, prix rotary international, prix des libraires, loft story, beziehungsunfähigkeit, gerichtsurteil, gesetz, linksliberale, sozialisten, linksintellektuelle
Verlag DuMont Buchverlag
Ort Köln
Jahr 2022
Umfang 320 Seiten
Altersbeschränkung keine
Auflage 1. Auflage
Sprache deutsch
Verfasserangabe Delphine de Vigan
Illustrationsang Gebunden mit Lesebändchen
Annotation Angaben aus der Verlagsmeldung



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Mélanie war als junges Mädchen ein großer Fan von Formaten wie Big Brother. Sie hat stets davon geträumt, gesehen und berühmt zu werden. Jahre später, als Mutter zweier Kinder, ist es ihr gelungen: Sie ist eine erfolgreiche Youtuberin mit Tausenden von Followern. Objekt ihrer Videos und Posts sind ihre Kinder, die auf Schritt und Tritt gefilmt werden. Seit Kurzem kommt ihre kleine Tochter Kimmy dem Filmen jedoch immer unwilliger nach. Mélanie tut das als eine Laune ab. Denn wie könnte man die unendliche Liebe, die ihnen aus dem Netz entgegenkommt, als Last empfinden? Kurz darauf verschwindet Kimmy nach einem Versteckspiel spurlos. Doch wie, fragt die ermittelnde Polizeibeamtin Clara, soll man einen Verdächtigen ausmachen bei einem vermissten Kind, das Tausende Menschen kennen und mehrfach täglich sehen?
Eines der brisantesten Themen unserer Zeit und seine Folgen sind Thema von Delphine de Vigans aufrüttelndem Roman: die Ausbeutung von Kindern im Netz.

Rezension buchsichten.de, 7. März 2022
Am 10. November 2019 verschwindet die sechsjährige Kimmy spurlos beim Versteckspiel mit ihrem Bruder und einigen Nachbarskindern. Sie wurde zuletzt gesehen, als sie in Richtung Tiefgarage gelaufen ist. Ist sie weggelaufen oder wurde sie entführt? Clara Rousell ist eine „flic“, eine Polizistin, die gemeinsam mit ihren Kolleg:innen die Ermittlungen aufnimmt. Als sie erfährt, dass Kimmy und Sammy die erfolgreichsten französischen Kinder-Influencer auf YouTube und Instagram sind, taucht sie ein in deren Social Media Welt, um zu verstehen. Kann sie hier ein Motiv für das Verschwinden finden? Kimmys Mutter Mélanie wartet unterdessen voller Sorge gemeinsam mit ihrem Mann Bruno und ihrem Sohn Sammy auf ein Lebenszeichen. Sie glaubt, dass jemand die Tat begangen hat, weil er die Familie um ihr Glück beneidet. Doch Clara zweifelt bald daran, dass die Familie wirklich so glücklich ist, wie sie vorgibt zu sein.

Das Buch beginnt mit einer transkribierten Instagram-Story des fiktiven Kanals „Happy Récré“, in der die Zuschauer entscheiden sollen, welche neuen Sneaker Mélanie Claux ihrer sechsjährigen Tochter Kimmy kaufen soll. In den folgenden Kapiteln erhielt ich als Leserin einige Informationen zum Werdegang einerseits von Mélanie und ihrer Faszination für Reality Shows sowie andererseits von Clara, die mit vierundzwanzig ihr Jurastudium abgebrochen hat, um Polizistin zu werden. Die beiden Frauen sind charakterlich höchst verschieden und treffen im Zuge der Ermittlungen zum Verschwinden von Kimmy zusammen.

Die Geschichte wechselt zwischen den Perspektiven von Mélanie und Clara hin und her. Dazwischen sind weitere Social Media Schnipsel von „Happy Récré“ abgedruckt, die einen Eindruck davon vermitteln, was auf den Kanälen der Familie passiert. Die Kapitel sind kurz, es gibt viele Zeit- und Ortswechsel, wodurch die Geschichte eine hohe Dynamik hat und mich mal hierhin, mal dorthin blicken ließ. Gespannt verfolgte ich die Ermittlungen und erhielt zwischendurch Informationen zur rechtlichen Situation im Hinblick auf Kinder-Influencer, die von Clara recherchiert und mir sachbuchähnlich mitgeteilt wurden. Frankreich hat 2019 ein neues Gesetz auf den Weg gebracht, das die jungen Influencer ähnlich wie Kinderschauspieler vor Ausbeutung und Kinderarbeit schützen soll und dessen Auswirkung auf „Happy Récré“ und ähnliche Kanäle diskutiert wird.

Schnell war ich mittendrin in der Welt der kleinen YouTube- und Instagram-Stars. Der Roman setzt sich kritisch mit zahlreichen Fragen rund um diese Tätigkeit auseinander. Ist es wirklich der größte Wunsch der Kinder, Millionen Follower zu haben? Was sind das für Eltern, die ihre Kleinen ausstaffieren, vor die Kamera holen und sie stundenlang beim Auspacken von Spielzeug und in allerhand vermeintlich lustigen Situationen zu folgen? Was passiert, wenn die Kinder nicht spuren und den Forderungen der Sponsoren zum richtigen Zeitpunkt und mit der geforderten Begeisterung nachkommen? Was sind das für Kinder und Erwachsene, die da zuschauen? Zahlreiche kritische Stimmen und Überlegungen stimmten mich nachdenklich. Zusätzlich wird abschließend die Frage aufgeworfen, welche Langzeitfolgen früher Social Media Ruhm haben kann. Zwar ist „Happy Récré“ fiktiv, doch es gibt zahlreichen Ländern der Welt viele Kanäle, die ähnlich funktionieren. Das hier skizzierte Szenario wirkte auf mich daher erschreckend realistisch. Sehr gerne empfehle ich das Buch an alle weiter, die Lust auf einen aufrüttelnden und informativen Roman rund um Kinder-Influencer und ihre Eltern haben.


Rezension Augsburger Allgemeine/Wolfgang Schütz 12.3.2022
Delphine de Vigan: "Die Kinder sind Könige" - so ist das Buch
Ein Krimi um ein verschwundenes Mädchen ein Drama um Kinder als Influencer - eine Kritik unserer Zeit.
Das könnte ein ganz klassischer Krimi sein. Die Geschichte nämlich: Ein sechsjähriges Mädchen ist plötzlich verschwunden; eben noch mit dem großen Bruder und den Nachbarskindern Verstecken gespielt und nun unauffindbar – bis nach Tagen erste Entführerpost eintrifft … In der Schilderung des Geschehens wechselt der verzweifelte Blick ihrer Mutter Mélanie, die sich fragt, was sie falsch gemacht haben und wer ihr das antun wollen könnte, mit dem nüchternen Blick der Ermittlerin Clara, selbst kinderlos und von im Kollegenkreis geradezu berüchtigter Hartnäckigkeit und Denkschärfe. Dazwischen Auszüge aus Vernehmungsprotokollen …

Also: Wer war’s? Ja, das wird schon auch geklärt – aber eigentlich ist es fast egal, geht es in „Die Kinder sind Könige“ um etwas ganz anderes. Das Mädchen Kimmy ist vor ihrem Verschwinden nämlich an der Seite ihres Bruders Sammy der Inbegriff der Sichtbarkeit. Sie sind die Protagonisten des erfolgreichsten Familien-Blogs in Frankreich, „Happy Récré“, mit Millionen Followern vor allem auf Youtube, dazu noch mit Instagram-Storys.

Die treibende Kraft dahinter, die erkennt Clara freilich sofort, als sie sich das ganze Online-Material bei den Ermittlungen anschaut: „Das Bedürfnis nach Anerkennung, das aus diesen Bildern sprach, war nicht zu übersehen. Mélanie Claux wollte, dass man sie anschaute, ihr folgte, sie liebte. Ihre Familie war ein Werk, eine Leistung, und ihre Kinder eine Verlängerung ihrer selbst. Die Flut von Emoticons, die sich bei jedem geposteten Bild über sie ergoss, die Komplimente über ihre Kleidung, ihre Frisur, ihr Make-up kompensierten sicher eine Schwäche oder eine Sorge.

Kein klassischer Krimi: "Die Kinder sind Könige" von Delphine de Vigan
Inzwischen jedoch waren Likes, die Herzchen, der virtuelle Applaus zu ihrem Motor, zu ihrem Lebenswerk geworden: so etwas wie die Rendite einer emotionalen und effektiven Investition, auf die sie nicht verzichten konnte.“ Ganz nebenbei lassen sich damit auch noch Millionen verdienen, mit „Unboxing“-Videos, dem Auspacken herstellergesponsorter Geschenke also, oder Voting-Interaktion beim Shopping oder irgendwelchen Konsum-„Challenges“. Aber Mélanie ist tatsächlich auch überzeigt, dass es für ihre Kinder nichts Schöneres geben könne als all diese Liebe und Aufmerksamkeit im Netz, die sie sich selbst immer gewünscht hatte als Jugendliche, glühender Fan aufkommender Reality-Shows im „Big Brother“-Format …

Was in der Verkürzung arg konstruiert wirkt und im Detail freilich 18a7 nicht ohne Klischees bleibt, nutzt die zuvor für ihre intimen Romane im heimischen Frankreich ausgezeichnete und auch in den Bestsellern gelandete Autorin Delphine de Vigan (*1966) aber tatsächlich zu viel mehr: einem gründlichen Blick auf das Phänomen solcher Kinder- und Familien-Influencer. Von denen gibt es praktisch in jedem Land einige bekannte, um diese wiederum mit einiger öffentlicher Aufmerksamkeit immer wieder Debatten, ob die vermeintlichen Stars darin nicht eher durch fordernde Elternliebe gefügig gemachte und ständig zu so gar nicht kindgerechter Kameraarbeit gedrängte „kleine Sklaven“ sind. Hinter ihnen aber steht ein gewaltiges Heer an Kanälen und also Familien, die genau nach diesem Erfolg, dieser Aufmerksamkeit streben und damit das bedrückendste Bild für eine immer weiter ausgreifende Tendenz der Preisgabe des Privaten in der Online-Gesellschaft abgeben.
„Mélanie war eine Frau ihrer Zeit. So einfach war das. Um zu existieren, musste man Aufrufe, Likes und Stories anhäufen.“ Ein guter und ein notwendiger Roman. Der sich übrigens den Schocker in der Kimmy-Geschichte spart – und dafür einen bleibenderen Schrecken bis in die Nachwirkungen im Jahr 2031 entfaltet.
Bemerkung Katalogisat importiert von: Deutsche Nationalbibliothek
Exemplare
Ex.nr. Standort
18936 DR.E, Vig

Leserbewertungen

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  • 3 Sterne Kinder als Influencer im Familienblog von der eigenen Mutter "missbraucht". Schonungslose Realität, verpackt in aktueller Geschichte. Pflichtlektüre!
    Bewertung abgegeben von Leser 41 am 14.03.2022