Atemschaukel : Roman

Müller, Herta, 2009
Bücherei Zams
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Medienart Buch
ISBN 978-3-446-23391-1
Verfasser Müller, Herta Wikipedia
Systematik DR.E - Romane, erzählende Gegenwartsliteratur
Schlagworte Belletristische Darstellung, Fiktionale Darstellung, Mann, Arbeitslager, Deportation, Sowjetunion, Siebenbürgen
Verlag Hanser
Ort München
Jahr 2009
Umfang 299 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Herta Müller
Annotation Rumänien 1945: Der Zweite Weltkrieg ist zu Ende. Die deutsche Bevölkerung lebt in Angst. "Es war 3 Uhr in der Nacht zum 15. Januar 1945, als die Patrouille mich holte. Die Kälte zog an, es waren -15º C." So beginnt ein junger Mann den Bericht über seine Deportation in ein Lager nach Russland. Anhand seines Lebens erzählt Herta Müller von dem Schicksal der deutschen Bevölkerung in Siebenbürgen. In Gesprächen mit dem Lyriker Oskar Pastior und anderen Überlebenden hat sie den Stoff gesammelt, den sie nun zu einem großen neuen Roman geformt hat. Ihr gelingt es, die Verfolgung Rumäniendeutscher unter Stalin in einer zutiefst individuellen Geschichte sichtbar zu machen.

Großartiger Roman über die rumäniendeutschen Zwangsarbeiter in der Sowjetunion. (DR)

Sie gehören zu den weniger bekannten Opfern, welche die totalitären Regime des 20. Jahrhunderts zu verantworten haben - die Rumäniendeutschen, die ab 1945 in die Sowjetunion verschleppt wurden. Etwa 30.000 Männer und Frauen zwischen 17 und 45 Jahren mussten dort jahrelang in Lagern Zwangsarbeit verrichten. Unter den Deportierten waren auch die Mutter der aus dem Banat stammenden Schriftstellerin Herta Müller und der später als Lyriker bekannt gewordene rumäniendeutsche Autor Oskar Pastior. Aus Gesprächen mit den Deportierten und den Gesprächen mit Oskar Pastior sowie dessen Notizen hat Herta Müller einen Roman komponiert, in dem das Schicksal eines der Opfer erzählt wird. Die Erlebnisse von Leo Auberg, so heißt der Protagonist, stehen stellvertretend für die Geschichte aller Geschundenen.

Die 67 Kurzkapitel des Romans kreisen um einige wenige zentrale Themen, die die Lagerwelt beherrschen: Hunger, das Ungeziefer in den Baracken, Arbeit unter unmenschlichen Bedingungen, das Schreckensregiment der Kapos. Im Zentrum steht aber der Zerfall der Mitmenschlichkeit der Gefangenen unter den Extrembedingungen der Erniedrigung und der körperlichen Qual.

In immer neuen Sprachbildern beschwört Müller den Zerfall der Humanität der Menschen. Sie findet für den Hunger und das Leid der Opfer eine bildstarke, poetische Sprache. Auf den Leser hinterlässt der Roman einen gewaltigen Eindruck. Absolut empfehlenswert.

Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen, Markus Fritz
Im Jänner 1945 werden in Rumänien auf Befehl Stalins alle Deutschen im Alter zwischen 17 und 45 Jahren in sowjetische Arbeitslager deportiert. Dort müssen sie unter menschenunwürdigen Bedingungen für den Wiederaufbau schuften. Die Hauptfigur, der 17-jährige Leopold Auberg, kommt in ein solches Lager in der Ukraine. Herta Müllers Mutter und auch der Lyriker Oskar Pastior waren in einem solchen Lager: Pastior hat der Autorin viele Details aus dem Lagerleben berichtet; sie haben auch eine Reise dorthin unternommen. Ursprünglich wollten sie das Buch gemeinsam schreiben; nach Pastiors Tod 2006 hat Herta Müller das Buch alleine zu Ende geschrieben. Das Buch handelt vom Lagerleben, von den endlosen Appellen, von der Schufterei, und vor allem vom Hunger. Für den Schrecken findet die Autorin immer wieder poetische Bilder. So spricht sie vom "Hungerengel", der immer mit am Tisch sitzt. Sie erzählt von den Läusen, von Krankheiten und vom Tod. Sie beschreibt, wie die Lagerinsassen immer apathischer werden, bis am Ende nur mehr der Kampf ums nackte Überleben übrig bleibt. Während man zu Beginn noch die bürgerliche Dame und den Advokaten erkennen kann, ähneln die Gestalten am Ende - ausgemergelt von der Arbeit und vom Hunger - immer mehr Knochenmenschen. Herta Müller findet beeindruckende Bilder, die Allgegenwart des Hungers im Denken, Fühlen, im Tun und Träumen der Hungernden zu fassen: "Ich esse einen kurzen Schlaf, dann wache ich auf und esse den nächsten kurzen Schlaf." Fünf Jahre bleibt Leo im Lager, dann werden sie nach Hause entlassen. Doch die Wiedereingliederung in Gesellschaft und Familie erweist sich als weiteres Hindernis. Niemand interessiert, was die Menschen im Lager durchgemacht haben. Leo wird zuhause ein "Nichtrührer", er hält still und schweigt. Im Roman kommen Beschreibungen und Bilder vor, die man nicht so schnell vergisst. Mit "Atemschaukel" ist Herta Müller ein Sprachkunstwerk gelungen, das einer Nobelpreisträgerin würdig ist.

Quelle: LHW.Lesen.Hören.Wissen, Michl Patreider
Das Buch zum diesjährigen Literaturnobelpreis mit Südtiroler Bezügen ist etwas für historisch Interessierte. Die Autorin beschreibt das Leben einer Gruppe von Rumäniendeutschen am Ende des Zweiten Weltkrieges in einem russischen Arbeitslager. Dabei verwendet die Autorin eine nüchterne, emotionslose Sprache, um in verschiedenen Kleinstepisoden das menschenverachtende System der russischen "Gulags" zu dokumentieren. Die Idee zu diesem dokumentarischen Roman entspringt einem Gespräch, das die Autorin mit dem Lyriker Oskar Pastior auf der Fahrt zu den Lanaer Kulturtagen geführt hat. Sehr eindringlich schildert der Erzähler des Romans die Situation beim Zementmischen, beim Pflanzen von Bäumen mitten im Winter bei -15º C oder beim Kampf ums Überleben mit dem wenig Essbaren, das für die Insassen der Arbeitslager zur Verfügung stand. Dabei wird dem Leser bewusst, dass es sich um ein Stück Geschichte handelt, bei dem die Deutschen als Opfer dargestellt werden.
Bemerkung Katalogisat importiert von: Deutsche Nationalbibliothek
Exemplare
Ex.nr. Standort
18928 DR.E, Mül

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