Der Silberfuchs meiner Mutter : Roman

Hotschnig, Alois, 2021
2.5 Sterne
Bücherei Zams
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Medienart Buch
ISBN 978-3-462-00213-3
Verfasser Hotschnig, Alois Wikipedia
Systematik DR.B - Biographische Romane, romanhafte Biographien
Schlagworte Familie, Norwegen, Lebensgeschichte, Erzählende Literatur: Gegenwartsliteratur ab 1945, Weltkrieg, Heimkind, Nachkriegszeit, Lebensborn, Literatur aus Österreich, Die Kinder beruhigte das nicht, Gastland Österreich
Verlag Kiepenheuer & Witsch
Ort Köln
Jahr 2021
Umfang 224 Seiten
Altersbeschränkung keine
Auflage 1. Auflage
Sprache deutsch
Verfasserangabe Alois Hotschnig
Annotation Angaben aus der Verlagsmeldung



Der Silberfuchs meiner Mutter : Roman Hotschnig, Der Silberfuchs meiner Mutter / von Alois Hotschnig
Die Geschichte des Heinz FRITZ


Ein großer Roman über Fremdsein und Selbstbehauptung und die lebensrettende Kraft des Erzählens.

1942 fährt eine Norwegerin nach Vorarlberg. Sie ist schwanger. Eigentlich wollte sie hier ein neues Leben beginnen mit ihrem Verlobten, einem Wehrmachtssoldaten. Doch alles kommt anders. Für sie und für ihren Sohn, Heinz. Schlimmer. Ein brillanter Roman über einen Menschen, der sich nicht brechen lässt. Und die berührende Liebeserklärung eines Sohnes an seine Mutter.

Das einzige, was Heinz Fritz mit Gewissheit von seiner Mutter weiß, sind die Stationen ihrer ersten langen Reise: Oslo Kopenhagen Berlin München Hohenems. Verbürgt ist sie durch ein Schriftstück, das er sein Leben lang bei sich trägt: ein Dokument des SS-Lebensborn. Die Norwegerin hat sich mit dem Feind eingelassen. Und sie hat dem Falschen vertraut. Denn als sie in Österreich ankommt, wird sie nicht willkommen geheißen von der Familie ihres Verlobten, sondern abgewiesen. Zurück kann sie auch nicht, denn in Norwegen gilt sie nun als Kollaborateurin In einer großen, kompromisslosen Selbstbefragung versucht der Erzähler des Romans ihr Sohn , die Rätsel seiner Herkunft zu lösen, die Wahrheit über seine Eltern freizulegen. Es ist eine Spurensuche, an deren Ende sich noch einmal alles dreht. Und eine zweite, »hellere« Version der düsteren Geschichte aufscheint.

Pressestimmen:
»Alois Hotschnig hat einen bewegenden Roman über ein sogenanntes Lebensborn-Kind geschrieben [...]. Was den Roman so lesenswert und besonders macht, ist Hotschnigs geschickt arrangiertes Spiel mit Erinnerungen. Was trägt? Was ist trügerisch? Immer wieder eröffnet sich eine andere Perspektive.« -- Claudia Ingenhoven - MDR Kultur Published On: 2021-09-22

»Alois Hotschnig hat einen literarischen Monolog von existenzieller Wucht geschrieben.« - hr2-kultur Published On: 2021-09-20

»Wir haben es [...] mit einer Virtuosität des Erzählens zu tun, die ihresgleichen sucht, machen uns mit der Lektüre auf die Spur des bestgehüteten Geheimnisses, über das jeder Mensch, solange er bei Trost ist, fraglos verfügt: die Einbildungskraft.« -- Markus Bundi - Wiener Zeitung Published On: 2021-09-11

»Ein starkes Stück über zwei Familien.« -- Karin Waldner-Petutschnig - Kleine Zeitung Published On: 2021-09-11

»›Der Silberfuchs meiner Mutter‹ [ist] ein beeindruckendes Porträt von Menschen, die immer wieder an den Rand der Verzweiflung gedrängt werden – und dennoch nicht aufhören, auf Linderung zu hoffen.« -- Rainer Moritz - Die Presse Spectrum Published On: 2021-09-11

»So etwas lässt sich nicht erfinden. Und wohl kaum eindrucksvoller beschreiben.« - APA Austria Presse Agentur Published On: 2021-09-10

»›Der Silberfuchs meiner Mutter‹ ist ein berührender historischer Roman von Identitätssuche, Erinnerung, Liebe und Verstrickung und hält trotz aller Tragik viele glückliche Lesemomente bereit.« -- Annette Raschner - ORF Published On: 2021-09-07


Rezension: ORF.at
Der Beste im Oktober 2021

Der Beste im Oktober 2021: Alois Hotschnig

Eine Erzählung über die Notwendigkeit des Erzählens: Alois Hotschnig legt mit „Der Silberfuchs meiner Mutter“ einen neuen Roman. Im Rahmen eines heute startenden Hotschnig-Schwerpunkts wird er präsentiert.

Innsbruck – Alois Hotschnig ist ein verwegener Erzähler – und er gehört doch zu den ruhigeren Vertretern seiner Zunft. Auch um den seit Langem in Innsbruck lebenden Autor ist es zuletzt ruhig geworden. Beinahe dreizehn Jahre ist es her, dass Hotschnig sein letztes Buch veröffentlicht hat. Die Erzählsammlung „Im Sitzen läuft es sich besser davon“ (2009) habe ihn an einen Endpunkt gebracht, sagt er: „an einen Horizont, an dem ich mich neu orientieren musste“. Der Schweizer Essayist Markus Bundi ist Hotschnigs Weg dorthin bereits 2015 nachgegangen – und hat seinen hellsichtigen Lektürereport mit „Vom Verschwinden des Erzählers“ überschrieben. In Hotschnigs Texten, so Bundis Beobachtung, gibt es keine erkennbare Erzählinstanz mehr, kein „Ich“, „Er“ oder „Sie“, der, die oder das die Lesenden durch das Erzählte führt. Es wird nichts vorgekaut oder nachgebetet. Der Text entfaltet sich – ohne Sicherheitsnetz, aber bisweilen mit doppeltem Boden. Er lässt sich nicht einfach (weg-)lesen. Er fordert für sich ein, erlesen zu werden.

Mit „Der Silberfuchs meiner Mutter“ erscheint nun ein neuer Roman von Alois Hotschnig. Schon das Possessivpronomen im Titel macht klar: Da sagt jemand „ich“. Hat Hotschnig also am Horizont seines radikalen Erzählexperiments kehrtgemacht? Im Gegenteil: „Der Silberfuchs meiner Mutter“ ist ein konsequent-komponierter Schritt nach vorne auf bislang noch unerschlossenes Erzähl-Territorium – und mithin Hotschnigs riskantester Text.

Aber der Reihe nach: Ja, da sagt einer „ich“. Mehr noch: Hotschnig entwickelt seine Erzählung aus einer tatsächlichen Begebenheit. Er erzählt an einem echten Leben entlang. Auf den ersten Blick folgt „Der Silberfuchs meiner Mutter“ biografischen Etappen des früheren Landestheater-Schauspielers Heinz Fitz.

Fitz, Jahrgang 1942, Sohn eines Wehrmachtssoldaten und einer Norwegerin kam kurz nach seiner Geburt in ein so genanntes „Lebensborn“-Heim der SS. Dort sollte der kruden nationalsozialistischen Rassentheorie folgend „erbgesunder“ Nachwuchs herangezogen werden.

In den vergangenen Jahren hat Fitz seine Lebensgeschichte – das spätere Heranwachsen mit einer fremden Mutter, die Ablehnung von Stief- und leiblichem Vater, die Flucht ins Schauspiel – öffentlich gemacht. Hotschnig hat durch eine Fernsehdoku, in die er zufällig zappte, von ihr erfahren – und das Gespräch mit Fitz gesucht. „In der Hoffnung, dass, sein Einverständnis vorausgesetzt, der Austausch zum Ausgangspunkt eines Romans werden könnte“, sagt der Autor.

Roman also, nicht Biografie; Erzählung, nicht Nacherzählung. Und Erzählen heißt bei Hotschnig immer bedingungsloses Erzählen. Das Erzähl-Ich heißt Heinz Fritz. Ein Schlüsselroman ist „Der Silberfuchs meiner Mutter“ trotzdem nicht. Das Text-Ich ist mehr, als eine um ein R erweiterte Version dessen, was man gemeinhin Realität nennt. Die Spuren der Realität sind vielmehr der Schlüssel zu einer Geschichte über das Erzählen von Geschichten. Der Erzähler sagt „ich“. Er erinnert sich. Und der Text erklärt das „ich“ und sein Erinnern zu Behauptungsversuchen. Dieses „ich“ ist die Summe vieler „ichs“, es speist sich aus vielen Stimmen, aus Erfahrenem und Angelesenem, aus sprichwörtlich Erprobtem und Zugeschriebenem. Dieses „ich“ ist multiperspektivisch wie ein kubistisches Bild. Seine Geschichten widersprechen sich. Es gibt Brüche und Leerstellen und andere Geschichten, die sie füllen. Manche lassen sich nachprüfen. Andere bleiben auch ohne Beleg wirkmächtig.

Da erzählt einer um sein Leben, erzählt sich – und legt dabei ganz andere Geschichten frei. Die Geschichte einer Mutter, die weder all zu eindeutiges Opfer war noch klare Täterin; die Geschichte eines Schauspielers, der erst zu sich findet, wenn er andere spielt; die Geschichte eines Lebens, das exemplarisch für viele Leben steht – und die doch nicht zum Exempel taugt. „Der Silberfuchs meiner Mutter“ ist kein weiteres Kapitel NS-Kitsc a80 h, kein der Wirklichkeit entlehntes Rührstück aus dunklen Zeiten, keine einfache Anklage und keine mit Fiktion ausgepolsterte Geschichtsstunde.

Der Roman ist eine Erzählung über die Notwendigkeit des Erzählens – und darüber, dass es keine einfachen Geschichten gibt. Mit anderen Worten: Das Warten auf Alois Hotschnigs neues Buch, seinen ersten Roman seit „Ludwigs Zimmer“ (2000), hat sich gelohnt. „Der Silberfuchs meiner Mutter“ ist große Erzählkunst. In Innsbruck wurde sein Erscheinen mit einem dreitägigen Hotschnig-Schwerpunkt gewürdigt.

Text: Joachim Leitner, Tiroler Tageszeitung
Bemerkung Katalogisat importiert von: Deutsche Nationalbibliothek
Exemplare
Ex.nr. Standort
18205 DR.B, Hot

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