Das Licht ist hier viel heller : Roman

Fallwickl, Mareike, 2019
2 Sterne
Bücherei Zams
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Medienart Buch
ISBN 978-3-627-00264-0
Verfasser Fallwickl, Mareike Wikipedia
Systematik DR.E - Romane, erzählende Gegenwartsliteratur
Schlagworte Österreich, Scheidung, Erzählende Literatur, Homosexualität, Verleger, Schriftsteller, Buchhändlerin, Buchhandel, Salzburg, Plagiat, Bestseller, Sinnkrise, Vater-Tochter-Beziehung, Briefe, Buchhandlung, Literaturbetrieb, Schreiben, vegan, Metoo, schwul, Buchmarkt, Buchmesse, Hallein, Literaturagentur, Maximilian Wenger, Schreibblockade, Social-Media, Vater-Tochter-Bindung, Wenger
Verlag Frankfurter Verlagsanstalt
Ort Frankfurt am Main
Jahr 2019
Umfang 384 Seiten
Altersbeschränkung keine
Auflage 1. Auflage
Sprache deutsch
Verfasserangabe Mareike Fallwickl
Annotation Maximilian Wenger war einer der Großen, ein Bestsellerautor, ein Macher. Jetzt steht er vor einem Scherbenhaufen: Niemand will mehr seine Romane lesen, und seine Frau hat ihn gegen einen Fitnesstrainer eingetauscht. In einer kleinen Wohnung unweit von Salzburg verkriecht er sich vor der Welt.
Wengers achtzehnjährige Tochter Zoey plant ihre Zukunft nach ganz eigenen Vorstellungen. Schnell merkt sie, dass sie dabei an ihre Grenzen stößt – und das Erwachsenwerden mit Schmerz verbunden ist.
Dann bekommt Wenger diese Briefe. Obwohl sie an seinen Vormieter adressiert sind, öffnet er sie, und es trifft ihn wie ein Schlag: Sie sind brutal und zart, erschütternd und inspirierend. Wer ist die geheimnisvolle Fremde, die von flüchtigem Glück, Verletzungen und enttäuschter Hoffnung erzählt? Was Wenger nicht weiß: Auch Zoey liest heimlich in den Briefen. Sie hat etwas erlebt, das sich in diesen wütenden Worten spiegelt. Beide, Vater und Tochter, werden an einen Scheideweg geführt, an dem etwas Altes endet und etwas Neues beginnt.

Intelligent, schlagfertig-humorvoll und mit großer Empathie schreibt Mareike Fallwickl über das Gelingen und Scheitern von Liebe, Freundschaft und Familie, digitale und analoge Scheinwelten, Machtmissbrauch, weibliche Selbstbestimmung – und entfacht einen Sog, der fesselt bis zum Schluss.

»Ein Roman, wie er aktueller nicht sein könnte. Ein Roman, über den man sprechen wird und muss. Und der zutiefst berührt.« Florian Valerius, @literarischernerd


Literaturhaus Wien:

Nach ihrem fulminantem Debüt mit Dunkelgrün fast schwarz im Vorjahr legt Mareike Fallwickl nun in beeindruckender Geschwindigkeit und Qualität ihren zweiten Roman Das Licht ist hier viel heller vor. Dass Fallwickl eine exzellente Erzähltechnikerin ist, hat sie bereits in ihrem ersten Buch unter Beweis gestellt; und auch im aktuellen Roman erweist sie sich wieder als Meisterin auf diesem Gebiet. Aus drei verschiedenen Perspektiven verhandelt sie eines der brisantesten Themen der letzten Zeit: Machtmissbrauch und sexuelle Gewalt gegenüber Frauen. Hier verquickt sie Ereignisse faktischer und fiktiver Natur, die sie gekonnt zu einem spannenden Beziehungsgeflecht verwebt. Zu Wort kommen neben dem männlichen Protagonisten, dem Schriftsteller Maximilian Wenger, noch seine Tochter Zoey und die Buchhändlerin Marlen, die beide Opfer sexueller Gewalt werden. Der einstmalige Bestsellerautor Wenger wurde vor Jahren wegen eines Sexualdelikts angeklagt, nun befindet er sich nach seiner Scheidung in einer Sinn- und Schaffenskrise an einem Tiefpunkt seines Lebens. Marlens Briefe, die sie an ihren ehemaligen Liebhaber und Wengers Vormieter schreibt, werden sowohl von Wenger als auch von seiner Tochter unabhängig voneinander unrechtmäßig gelesen und verhelfen seinem neuen Roman zum Durchbruch und Zoey schließlich zum Ausbruch aus ihrem von Erwartungshaltungen anderer bestimmten Leben.

Während die Wenger-Passagen zwar in der 3. Person verfasst sind, durch die erlebte Rede jedoch einen sehr intimen Blick in das verkorkste Innenleben des ehemaligen Erfolgsautors gewähren, offenbart Zoey als Ich-Erzählerin einen sehr direkten Blick in die volatile Gefühls- und Gedankenwelt einer 18-Jährigen. Marlen wiederum tritt als Briefschreiberin in Erscheinung und hat damit zwar die geringsten Redeanteile, dafür aber die eindringlichsten: Wenn sie schreibt, "dass Worte scharf sein können wie Messer" (19), entspricht das nicht nur Fallwickls eigenen Vorlieben (wie sie in einer ihrer Rezensionen erwähnt), sondern auch ihrer schriftstellerischen Praxis. Ihre drastischen Schilderungen von physischer Gewalt und psychischer Versehrtheit sind so präzise wie kraftvoll und gehen Messerschnitten gleich nicht nur den Romanfiguren unter die Haut: "Ich möchte mir die Zunge abschneiden und sie ausdrücken über dir, damit alles auf dich tropft, was ich nicht sagen kann." (171) Doch so brutal, ja schon brachial der Roman an jenen Stellen ausfällt, wo Prügel- und Sexszenen sowie Alkohol- und Drogenräusche stattfinden, so feinfühlig und behutsam zeigt er sich in jenen Passagen, in denen Empfindungen und Gefühle der Figuren beschrieben werden. Fallwickl beherrscht die Klaviatur der verschiedenen Tonhöhen, Tempi und Lautstärken perfekt und versteht es, ihre gesellschaftskritischen Anliegen auch mit der notwendigen Portion an Humor zu versehen. Neben #MeToo geht es im Roman auch um Medienkritik, die zunehmende Unfähigkeit reale (und nicht nur virtuelle) Beziehungen zu führen oder Fragen nach dem richtigen, d.h. instagramtauglichen Lifestyle. So ist der Fleischtiger und Social-Media-Verächter Wenger aufgrund seines machistischen Gehabes natürlich eindeutig kein Sympathieträger, man versteht jedoch seine Kritik am modernen Medienkonsum und teilt sein Unverständnis über permanente Erreichbarkeit und Kommentarsucht. Und beim missglückten Tinder-Date lacht man nicht nur über, sondern auch mit ihm, denn trotz aller Chauvi-Sprüche ist er durchaus auch zu Selbstironie und -reflexion fähig: "Ohne Frau steht ein Mann schön blöd da. Nicht nur wegen der Grundbedürfnisse wie essen und vögeln. Auch innerlich. Gut, ja, vielleicht hat er es ein bisschen übertrieben." (129) Schlussendlich fällt seine Selbsterkenntnis allerdings reichlich bescheiden aus und er inszeniert sich am Ende erst recht wieder als der Tröster der ach so unglücklichen Frauen. Fallwickl bricht aber auch mit konventionellen Rollenbildern und Generationenzuschreibungen, der Selbstinszenierung ihrer dem Pilates-Trend und Veganismus-Hype verfallenen Mutter kann Zoey nichts abgewinnen: "Es ist schlimm genug, dass meine Freunde diesen Social-Media-Limbo mitmachen. Aber bei der eigenen Mutter ist es eine virtuelle Apokalypse." (68f.) Folgerichtig lässt Zoey bei ihrem Aufbruch in das selbstbestimmte Leben dann auch ihr Smartphone mit allen virtuellen Kontakten zurück und kommuniziert fortan via analogem Brief mit den ihr wirklich wichtigen Menschen.

Sprachlich präzise und bildgewaltig versteht es Fallwickl in Das Licht ist hier viel heller, gesellschaftlich relevante Themen aus vielen Perspektiven und auf sehr eindringliche Weise zu verhandeln, um diese auf höchst unterhaltsame Weise zu einem packenden Roman zu formen. Es ist zu wünschen, dass die Autorin ihr Schreibtempo beibehält und uns möglichst bald wieder in den Sog ihrer Erzählkunst ziehen wird!

Veronika Hofeneder
10.09.2019
Bemerkung Katalogisat importiert von: Deutsche Nationalbibliothek
Exemplare
Ex.nr. Standort
14797 DR.E, Fal

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