Die geheimen Leben der Schneiderin : Roman

Waldis, Angelika, 2008
Bücherei Zams
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Medienart Buch
ISBN 978-3-0369-5519-3
Verfasser Waldis, Angelika Wikipedia
Systematik DR.E - Romane, erzählende Gegenwartsliteratur
Schlagworte Belletristische Darstellung, Fiktionale Darstellung, Erzählende Literatur: Gegenwartsliteratur ab 1945, Familienfest, Suche, Suche, Bruder, Schwester, Verschwinden, Vergangenheit, Vorsatzpapier, Schweizer Gegenwartsliteratur, lebensklug, Brudersuche, "Ich komme mit", Journal
Verlag Kein & Aber
Ort Zürich
Jahr 2008
Umfang 159 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Angelika Waldis
Annotation Angaben aus der Verlagsmeldung



Die geheimen Leben der Schneiderin / von Angelika Waldis


Jolanda Hansen hat sich in ihrem Leben fest eingerichtet.
Tag für Tag sitzt sie im Nähatelier und ändert die Kleider
der Leute und in Gedanken manchmal auch deren
Leben. Morgens, auf dem Weg zur Arbeit, markiert sie
jeden zu überstehenden Tag mit einem Strich am Wasserreservoir.
So hat alles seine Ordnung. Zum achtzigsten
Geburtstag der Eltern plant sie ein Fest und lädt ein: die
längst erwachsene Tochter, den Ex-Ehemann, die in sicherem
Abstand zueinander lebenden Geschwister. Alle sollen
kommen.
Doch mitten in den Festvorbereitungen muss ausgerechnet
die demenzkranke Mutter Franz ins Spiel bringen.
Franz, den ältesten Bruder, der mit siebzehn, vor unzählbar
vielen Sommern, einfach nicht vom Baden zurückgekehrt
ist. Und auf einmal lässt sich die Welt nicht mehr auf Distanz
halten: Ohne Rücksicht auf Familienkonventionen
macht sich Jolanda daran, das eigene Leben aufzutrennen
und einen Menschen zu suchen, der längst einen Grabstein
hat.

Rezension: Belletristik-Couch.de
Jolies Leben spielt sich im Kopf ab
Buch-Rezension von Carola Krauße-Reim Jun 2021

Die geheimen Leben der Schneiderin ist der Debütroman der Schweizer Schriftstellerin Angelika Waldis. Bereits 2008 erschienen, wurde er jetzt im Taschenbuchformat neu aufgelegt.

Familie – Geburtstag – Franz …
… das sind die drei großen Themen in diesem Roman. Jolanda Hansen plant den 80. Geburtstag ihrer Eltern mit einer Familienfeier zu begehen. Ihre Geschwister leben alle nicht in ihrer Nähe, kümmern sich nicht um die demente Mutter und den grantelnden Vater. Die Feier soll sie alle wieder zusammenführen - wohl weniger auf Wunsch der Eltern, sondern mehr weil Jolanda es möchte. Und so sitzt diese jeden Tag in ihrem kleinen Atelier und grübelt während Änderungen an Hosen und Kleidern über ihre Familie und ihr Leben nach. Sie hat sich in ihrem Dasein eingerichtet: geschieden, aber gut versorgt; die erwachsene Tochter weit weg; meistens alleine und festgefahren in ihren Abläufen vermisst sie eigentlich nichts – nur ihren Bruder Franz. Der ertrank vor 17 Jahren im See und hat bei ihr eine tiefe Leere hinterlassen, die sie nun mit einer Suchanzeige zu füllen versucht - er kann, er darf nicht tot sein.

„Die Tage waren lang, die Zeit rannte nicht, kleines Glück fiel vom Himmel, und Jolie las es auf. Die Jahre, in denen sich Jolie auf die Welt freute, brachen ab als sie elf war. Sie brachen ab und versanken.“

Geheimnisse, Träume und Ängste
Wir befinden uns in Jolies Kopf, alles sehen wir aus ihrer Sicht. Da sie meistens alleine ist, tragen ihre Gedanken die Handlung. Die wörtliche Rede ist auf ein Minimum begrenzt. Angelika Waldis hat ihre ganz eigenen Art, Geschichten zu erzählen: Nicht immer flüssig zu lesen, anfangs in ihrer oft knappen Art gewöhnungsbedürftig, geht sie auf manches ausgiebig ein, während anderes nur am Rande erwähnt wird – eben die Gedankengänge eines Menschen. Sie zeigt die Einsamkeit dieser Frau mit nur wenigen Worten, macht ihre Ängste greifbar. Dennoch hat man manchmal das Gefühl, dass etwas fehlt. Vielleicht sind die Emotionen zu wenig präsent, vielleicht wird einiges zu schnell abgehandelt. Aber dennoch wird rasch klar, dass in dieser Familie so manches Geheimnis und viel Unausgesprochenes existiert. Jolie versucht in ihrer Gedankenwelt damit fertig zu werden und erweitert diese noch mit Überlegungen über ihre Kunden, die sie in manchmal unabsichtlich humorvollen, aber immer treffenden Bemerkungen in ihrem Auftragsbuch festhält. Das Ergebnis ist die Erkenntnis, dass Fehler und Lügen noch lange in der Welt bleiben - länger als Wahrheiten oder das, was dafür angesehen wird.

Charaktere mit Distanz
Jolie ist ein nur schwer zu fassender Charakter: Meist alleine, vermisst sie eigentlich nur ihre Tochter - und natürlich Franz. Dennoch lässt sie sich auf Begegnungen ein, die sie später bereut. In diesen Momenten möchte man tiefer in ihre Gefühle eintauchen - doch diese Sicht verwehrt Waldis. Dadurch bleibt eine unüberbrückbare Distanz, die eine Annäherung an die Protagonistin verhindert. Die Leben, die sich Jolie in ihrem Kopf ausmalt oder unerkannt parallel zur Wirklichkeit erlügt, sind zwar interessant, aber nur wenig logisch, wie auch die überraschend plötzliche Wende in Bezug auf Franz und das offene Ende der Geschichte, das irgendwie in der Luft zu hängen scheint.

Auch bei den anderen Personen kratzt man nur an der Oberfläche, was aber der Perspektive geschuldet sein mag. Zwar schafft es Waldis, die Charaktere zu differenzieren, aber Empathie lösen sie alle nicht aus. Und so fragt man sich, was der Sinn dieses Buches ist: die Dynamik einer Familie, Verschwiegenes oder einfach Verlust? Vielleicht muss jeder Leser das für sich selbst herausfiltern.

Fazit
Angelika Waldis entführt in den Kopf einer Frau, die verlassen ist, nach der Wahrheit und ihrem Bruder sucht, wobei Geheimnisse und Lügen im Weg stehen. Die Geschichte hat viel Potential, überzeugt aber inhaltlich und sprachlich nicht vollkommen.
Bemerkung Katalogisat importiert von: Deutsche Nationalbibliothek
Exemplare
Ex.nr. Standort
14393 DR.E, Wal

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