Blood & Ink : die Bücher von Timbuktu

Davies, Stephen, 2016
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Bücherei Zams
Verfügbar Ja (1) Titel ist in dieser Bibliothek verfügbar
Exemplare gesamt 1
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Medienart Buch
ISBN 978-3-8489-2072-3
Verfasser Davies, Stephen Wikipedia
Beteiligte Personen Diestelmeier, Katharina [Übers.] Wikipedia
Systematik JE6 - Jugendromane ab 12/13
Schlagworte Familie, Liebe, Freundschaft, Jugendbuch, Fundamentalismus, Zerstörung, Weibliche Jugend, Männliche Jugend, Jugendbücher ab 12 Jahre, Verlieben, Nonkonformismus, Terrorismus, Muslim, Bücher, Geschichte 2012, Timbuktu, Alte Schriften und Manuskripte, Islamisten, Mali, Moslems
Verlag Aladin
Ort Hamburg
Jahr 2016
Umfang 277 Seiten
Altersbeschränkung keine
Auflage 1. Auflage
Sprache deutsch
Annotation Angaben aus der Verlagsmeldung



Blood & Ink : Die Bücher von Timbuktu / von Stephen Davies


Timbuktu 2012: Islamische Rebellen fallen in Timbuktu ein und etablieren in der westafrikanischen Stadt die Scharia. Der Hirtenjunge Ali ist einer von ihnen; er verabscheut Musik, Tanzen und alles, was das Leben lebenswert macht. Kadija lebt in Timbuktu. Sie hütet die kostbaren Handschriften ihrer Familie und pfeift auf die Gesetze der Dschihadisten. Als Ali und seine Kampfgenossen einen berühmten Musikclub der Stadt in die Luft sprengen, kreuzen sich ihre Wege.


Quelle: 1000 und 1 Buch, Franz Derdak
Am 22.8.2016 begann der Prozess gegen Ahmad al-Faqi al-Mahdi vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Der Islamist soll im Jahr 2012 in Timbuktu maßgeblich an der Zerstörung von Welterbe-Stätten beteiligt gewesen sein. Zum ersten Mal sieht sich ein radikalislamischer Extremist für die Zerstörung von Kulturgütern als Kriegsverbrecher angeklagt – zum ersten Mal hat sich ein Angeklagter vor dem ICC schuldig bekannt und sein Verbrechen bedauert.

Im 15./16. Jahrhundert war Timbuktu mit hunderten Schulen und Universitäten ein islamisches Kulturzentrum. Die in Mausoleen bestatteten Gelehrten galten als Schutzheilige dieser „Stadt der 333 Heiligen“, die etwa bei Hochzeiten oder Hungersnöten angerufen wurden. Der nun angeklagte al-Mahdi gehörte zur Ansar Dine, einer überwiegend aus Tuareg bestehenden Gruppe islamistischer Extremisten in Mali, die auch Verbindungen zur al-Qaida im islamischen Maghreb unterhalten soll, und führte als Abu Turab die gefürchtete „Tugend-Brigade“ der Fundamentalisten an, die nach der Zerstörung der verehrten Grabstätten, die sie für heidnisch hielten, auch die Vernichtung der etwa 300000 historischen Handschriften in Angriff nahm. Archivar Abdelkader Haidara beschreibt diese Texte als Koran-Ausgaben, Koran-Kommentare, religionsphilosophische Studien, Schriften zu Geschichte, Musik und Literatur, zu Naturwissenschaften wie Biologie, Astronomie, Medizin, Physik oder Mathematik sowie als Gedichte, Tagebücher, aber auch als Manuskripte, die von Korruption sprechen, von Menschenrechten, von guter Regierungsführung, von der Lösung von Konflikten, von Toleranz.

Stephen Davies, der über ein Jahrzehnt u. a. als Missionar in Afrika wirkte, versucht diese kulturelle Komplexität in seinem 2015 zuerst auf Englisch erschienenen, nunmehr in der Übersetzung von Katharina Diestelmeier – unter Verwendung der ausgezeichneten Koran-Übersetzung von Adel Theodor Khoury (Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, 1990-2001) – bei Aladin auf Deutsch vorliegenden Roman Jugendlichen näherzubringen. Dabei hält er sich an das Prinzip: „It is very hard to write a story without a moral dimension, but the trick is to keep it in th background.“ So sind es zwei feindlichen Gruppierungen angehörende Jugendliche, aus deren Perspektive die dramatischen Geschehnisse in Timbuktu von 2012 erzählt werden: der junge Soldat Ali aus der Schar der Fundamentalisten und die halbwüchsige Kadija aus einer den Manuskriptschatz hütenden Familie. Zwischen den einzelnen Perspektivenwechseln (mit durchaus altersgemäß trivialen Beobachtungen) sind aber signifikante Textpassagen, Zitate aus den legendären Handschriften, positioniert, die von den Einwohnern Timbuktus als unverzichtbares, Identität stiftendes Kulturgut geschätzt werden. So liest man/frau bei dem als größten Gelehrten Timbuktus angesehenen Ahmed Baba: „Am Tag des Jüngsten Gerichts wird die Tinte der Gelehrten gegen das Blut der Märtyrer aufgewogen und für schwerer befunden werden.“

En passant erfahren Lesende im Zuge der Romanlektüre die radikalen Veränderungen des Alltags nach der Einnahme Timbuktus durch diese extremistischen Gruppierungen, nach der Einführung der Scharia, seien es Verbote von Musik oder Fußballsport – oder aber die Verpflichtung zur Vollverschleierung von Frauen. Zuwiderhandeln wird mit öffentlichen Auspeitschungen geahndet. (Vergewaltigungen von Frauen, Abhacken von Händen von Dieben etc., wie sie sich tatsächlich ereignet haben, bleiben im Roman ausgespart.) Tatsächlich positiv ist das Misslingen der Versuche der Extremisten, die überaus wertvollen Manuskriptschätze zu vernichten: In einer konzertierten Aktion können bis auf 4203 Handschriften alle Texte gerettet werden – und die beiden jugendlichen Kontrahenten finden offen Verständnis füreinander.

Sind auch inzwischen durch die Unterstützung internationaler Organisationen und Mäzene die Mausoleen wieder restauriert sowie die Handschriften sukzessive digitalisiert, vermittelt dieser spannende wie ebenso – nicht zuletzt durch die Textpassagen auch für ältere Lesende – sehr gehaltvolle Roman exemplarisch einen wohl unvergesslich lebendigen Einblick in Lebensumstände einer Gesellschaft, von der wir sonst oft nur in Überschriftenform aus den Medien Kenntnis erlangen. Die Landkarte auf dem Vorsatzpapier sowie ein Glossar sind auch über Afrika oder den Islam weniger Informierten dabei hilfreich. Nicht zuletzt wegen der Bibliotheksthematik sollte das Buch in keiner (Schul-)Bücherei fehlen.


Quelle: Alliteratus, Nora Müller
Die fünfzehnjährige Kadija ist die Tochter des Wächters der Manuskripte von Timbuktu. Sie liebt die uralten und wunderschönen Handschriften, die in einem Magazin unterhalb ihres Hauses verwahrt werden, und kann es kaum abwarten, als einziges Kind ihres Vaters als dessen Nachfolge eine Wächterin der Schriften zu werden. Bis dahin vertreibt sie sich die Zeit mit Musik und ihrer Band. Alles ändert sich schlagartig, als islamistische Rebellen im März 2012 nach einem Militärputsch in Mali große Teile des Landes erobern. Anfang April nehmen die Islamisten, die "Verteidiger des Glaubens", in einer Nacht und Nebel Aktion Timbuktu ein. Dabei spielt der fünfzehnjährige Ali eine besondere Rolle. Er kommt aus dem Wüstenvolk der Fulbe und wurde vom Anführer der Verteidiger des Glaubens, Rotbart, rekrutiert und brennt nun für den Dschihad. Er ist es, der die Mauern der Kaserne vor Timbuktu erklettert und somit den Islamisten den Eingang in die Stadt ermöglicht. Sofort führen die Islamisten die Scharia, eine besonders strenge Auslegung islamischen Rechts, ein. Musik wird verboten, Frauen müssen verschleiert sein und dürfen in der Öffentlichkeit nicht mit Männern sprechen, Radios und Fernseher müssen vernichtet werden und gegen jedwede Zuwiderhandlung stehen Peitschenhiebe oder gar die Todesstrafe. Nachts patrouillieren die Verteidiger des Glaubens in den Straßen um die Einhaltung der Scharia zu prüfen. Ali ist dabei Kadijas Straße zugeteilt und lernt Kadija kennen, als diese unverschleiert und lesend vor ihrem Haus sitzt. Ali ist sofort hingerissen von ihr, weiß jedoch genau, dass dies verboten ist. Kadija geht es ebenso, aber auch sie weiß - man verliebt sich nicht in den Feind, insbesondere wenn dieser alte Mausoleen als Götzenbilder zerstört und auch vor der Zerstörung ihrer geliebten Manuskripte nicht Halt machen würde …

Blood & Ink ist ein umwerfendes Buch. Es spielt auf zwei Ebenen: zum einen die Besatzung Timbuktus durch die Islamisten und der Gegenwehr der Bürger, die ihre Stadt und die heiligen Manuskripte um jeden Preis schützen möchten und zum anderen die Liebesgeschichte zwischen Ali und Kadija, die beide gegnerische Seiten aus voller Überzeugung repräsentieren. Dies wird toll dargestellt, da abwechselnd aus Kadijas und Alis Sicht erzählt wird, was gerade bei dieser Art der Geschichte eine sehr passende Erzählweise ist. Trotz der u 18c2 nterschiedlichen Leben der beiden ermöglicht diese Erzählweise Nähe zu beiden Protagonisten, die man im Laufe des Buches sehr lieb gewinnt. Auch Ali in der Rolle der Besatzer ist ein liebenswerter Charakter, da man durch Erzählungen aus seiner Sicht erfährt, wie sehr er mit den strengen Gesetzen hadert und diese doch in seiner Liebe zu Allah rechtfertigen will und hin- und hergerissen ist zwischen seinem alten Ich, welches Fußball und Musik liebte, und seiner neuen Rolle als harter Krieger.

Die Beschreibung Timbuktus und seiner Orte und Lebensweise wirkt sehr authentisch, obwohl der Autor selbst noch nie in Timbuktu war. Das liegt an Davies' bildhafter und dennoch einfacher und verständlicher Sprache. Immer wieder ist das Buch durchzogen von Auszügen aus dem Koran und heiligen Manuskripten aus dem Magazin, die einen Dreh- und Angelpunkt für den Roman bieten und immer passend zur jeweiligen Situation ausgewählt sind.

Besonders gut gefällt mir, dass der Roman auf wahren Begebenheiten beruht: die Besatzung Timbuktus durch die Verteidiger des Glaubens, die Verstrickung der Tuareg Rebellen in die Eroberung, der Versuch der Bürger, die Manuskripte zu retten oder der Widerstand gegen die scharfe Auslegung des Korans durch den Iman Timbuktus. All das trägt dazu bei, dass die Geschichte sehr realistisch ist, ohne sich in Brutalitäten zu ergehen, und trotzdem gelingt es dem Autor, eine wunderschöne und komplizierte Liebesgeschichte in diesen Hintergrund einzubetten. Auf allen Ebenen ist der Roman von Anfang bis Ende fesselnd und bekommt eine klare Leseempfehlung!


Quelle: bn.bibliotheksnachrichten, Marion Spreitzhofer
Radikale islamistische Rebellen überfallen 2012 über Nacht die westafrikanische Stadt Timbuktu. Sie wollen die Bevölkerung von ihren Gesetzen überzeugen, aber nicht alle beugen sich den Dschihadisten. (ab 12) (JE)

Kadja, ein islamisches Mädchen, lebt in Timbuktu. Sie ist eine der Hüterinnen der kostbaren Handschriften. Der Hirtenjunge Ali ist einer der islamistischen Rebellen, die unter der Führung Rotbarts die Stadt einnehmen. Während der strengen Kontrollen, die die Eroberer in der ganzen Stadt durchführen, lernen sich die beiden kennen. Als die Dschihadisten einen berühmten Musikclub in die Luft sprengen, versucht Kadja, die wertvollen Instrumente zu retten, nur Ali steht ihr dabei im Weg.

Im Laufe der Zeit kreuzen sich ihre Wege immer wieder und beide erfahren mehr über das Leben und die Kultur des anderen. Kadja möchte Ali davon überzeugen, dass sein Weg der radikalen Islamisierung der falsche ist. Aber auch umgekehrt will Ali Kadja überreden, allen Versuchungen zu widerstehen und sich dem "echten" Glauben zuzuwenden. Als Ali herausfindet, dass Kadja die verwerflichen Handschriften, die Rotbart sucht, unter ihrem Dach hütet, verrät er sie. Kadja muss nun die wertvollen Überlieferungen um jeden Preis schützen…

Der Autor Stephen Davies wurde 1976 in England geboren und hat 13 Jahre lang als Missionar und Lehrer in Westafrika gelebt. In seinem Buch "Blood & Ink" versucht er, die politischen Spannungen in Mali anschaulich und altersgerecht zu erklären. Dieses Buch ist eine sehr gelungene Darstellung der beiden unterschiedlichen Auffassungen des Islam. Es wird mithilfe der Hauptcharaktere sehr gut ersichtlich, wie groß diese Kluft ist und wie eisern beide an ihren Überzeugungen festhalten. Die Erklärungen des Autors im Vorwort und im Anhang sind sehr aufschlussreich. Damit kann man die Details und den Handlungsablauf besser verstehen. Dieses spannende Jugendbuch ist nicht nur Jugendlichen, sondern auch erwachsenen LeserInnen sehr zu empfehlen. Es ist auf jeden Fall eine Bereicherung für jede Bibliothek.
Bemerkung Katalogisat importiert von: Deutsche Nationalbibliothek
Exemplare
Ex.nr. Standort
14322 JE6, Dav

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